Vieselbaeh.
NIEDEBZIMMERN.
Emporen der linken (nördlichen) Seite an der Thurm-Westmauer sich totlaufen. Dies
ist keine richtige Lösung, während bei geschickter Benutzung dieser eigenartigen
Eintheilung das Gotteshaus innen sich höchst wirksam gestalten würde. Der Thurm
ist zwar alter gewesen als das Uebrige (man sieht aussen überall die Anschluss-Linie,
besonders an der Ostseite, wo übrigens das Dach vom Chor in steiler Steigung gegen
den Thurm anläuft) scheint aber auch in seiner Anlage und mit dem kreuzgewölbten
Erdgeschoss in die gothische Zeit, wohl 1420 zu fallen. Seine folgenden Geschosse
haben die durch das ganze Mittelalter üblichen Fensterschlitze, sein oberstes Geschoss
aber die grossen, spitzbogigen Maasswerk-Fenster [zum Theil der Mittelpfosten be-
raubt] der Spatgothik um 1500. Sein Dach ist ein hoher Helm, von einer steinernen
Balustrade umgeben, die mit Zinnen an den Ecken und in der Mitte hochsteigt. Der
Spatgothik um 1500 entstammen auch die guten, grossen Spitzbogen-Fenster, von
denen das der Ostseite des (Jhores, das der Langhaus-Südseite und das der
Westseite (dieses in moderner Ueberarbeitung) ihr Maasswerk bewahrt haben. An
dem 1. der Südseite (im Chor) bemerkt man noch die Spur des herausgebrochenen
Maasswerkes, das 3. Fenster der Südseite und das 2. und 3. Fenster der Nord-
seite sind grosse, maasswerklose Spitzbögen, wohl Ergebnisse des Baues von 1620,
von dem eine Inschrift-Tafel an der Nordseite unter dem modernen, rechteckigen
Fenster in zierlicher Cartouchen-Umrahmung meldet. Von daher auch die rund-
bogige, proiilirte Westthür. Weitere Bauthatigkeit in späteren Zeiten; von daher
die flache Leistendecke im Chor, die Holztonne vom Querschnitt: im Lang-
haus, die mannigfachen, rechteckigen Fenster am Langhaus, auch die Nordthür (aussen
rechteckig, in der Mitte spitzbogig, innen flachbogig!)
Kanzelbau hinter dem Altar, fast in voller Breite den Chor-Osttheil (als
Sacristei) vom übrigen Chor trennend. Unten ein rechteckiger Durchgang und zwei
flachbogige Durchgänge zwischen zwei Sanlen, denen man noch ansieht, dass es einst
naturalistische Palmbaume (wie in Vippachedelhausen etc., s. S. 42) gewesen sind.
Verkröpftes Gebälk, an dem bereits eine Art Untergesims der Kanzel, mit einem
Engelskopf vorn, in der Form: X_f Vortritt, tragt die vier das Obergeschoss
theilenden Säulen, welche gewundene Schafte und in naiver Weise einzeln geschnitzte
Akanthusblatter haben. Zwischen den mittleren, sehr breit gestellten Saulen ist eine
Brüstung mit Füllungstafeln angeordnet und dazwischen tritt die Kanzel im Grund-
riss: kJ vor, im Aufriss gerade, mit Schildern in den Flachen, deren vorderes mit
Bibelspruch von zwei an den Kanten stehenden Engelsknaben gehalten wird; darüber
der obere, rechteckige Eingang, mit seitlich zu den erwähnten Brüstungen herab und
noch über sie hängenden Fruchtstrangen, ein hübsches Motiv. In den ausseren Ab-
theilungen des Obergeschosses stehen die lebensgrossen, reich gegliederten Gestalten
Mosis mit Gesetztafeln und Aarons mit Gebet-Riemen und Weihrauchgefass, in steifer,
aber würdiger Haltung und mit ganz tüchtig geschnitzten, langbartigen Gesichtern in
Nischen unter Muscheln. Ueber die ganze Breite des Obergeschosses lauft verkröpftes
Gebälk; darauf ein Aufsatz von der Form: ) K , der durch Frnchtstrange
an den Kanten eingefasst und durch vier Strange eingetheilt wird. Darüber Abschluss-
Gebälk, auf welchem Christus als Halbiigur, segnend, in einem Kranze steht, zu den
Seiten Engelsknaben. So baut sich-auch dieser ganze Kanzelbau wiederum in eigen-
artiger, stattlicher Weise auf. Holz, weiss mit Gold, das am reichsten in der
Kleidung des Aaron verwendet ist.