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Durch die üblichen Erfahrungen mißtrauisch gemacht, durch die
herben Enttäuschungen seines Lebens verbittert, läßt er seinen natür-
lichen südlichen Realismus in jenen gefährlichen Pessimismus aus-
arten, der in jedem Menschen sofort mit scharfen Blicken seine
gemeinen und tierischen Seiten erkennt und sie unbarmherzig hervor-
hebt, die guten hingegen vollkommen übersieht. Goya ist kein
lroniker, er will nicht satirisch wirken, er sieht eben im Menschen
nur das Gemeine und Niedere. So ist er zweifellos einer der größten
Sittenschilderer aller Zeiten geworden, sicher aber auch einer ihrer
unglücklichsten Menschen.
1780 bereits war Goya Akademiedirektor geworden; wie Muther
richtig bemerkt, wohl der seltsamste Akademiedirektor, den es je
gegeben hat. Freilich war das nur ein Titel ohne Mittel.
In diese Jahre ist auch der Beginn jener Tätigkeit zu setzen,
in der Goya sein Großartigstes leistete, und mit der er sich den
endgültigen Platz neben dem großen Velasquez eroberte, der Beginn
seiner Porträtmalerei. Nachweislich stammen bereits eine ganze
Anzahl Porträts aus dem Beginn der achtziger Jahre. Von ihnen
läßt sich dasselbe sagen, was sich von allen Bildern Goyas sagen läßt:
teils ganz elend gemalt, leere und nichtssagende Repräsentations-
stücke, teils bereits mit einer liebevollen Vertiefung in die Persön-
lichkeit des Dargestellten und einer Meisterschaft in der Charakte-
risierung vermittels der Farbe durchgeführt, die Goya als den ersten
Porträtisten der Kunstgeschichte erscheinen lassen.
1783 tritt Goya zum erstenmal in eigene Beziehungen zu der
königlichen Familie. Eine Art Übergang bildete es, daß im Januar
des Jahres der Premierminister F loridablanca sein Bild bei ihm