Volltext: Deutsches Barock und Rokoko (Bd. 1)

hunderts ist mit diesen Andeutungen sd1on allzu lebhaft berührt worden. Es gilt zunächst dem 
Entwicklungsgang als soldiem naduuforschen. 
Der einfachen Zeitfolge steht die Fülle gleichzeitiger Erscheinungen im Wege, der örtlichen 
Sdieidung das unentwegte Hin- und Herfluten der damaligen deutschen Miniatunnaler von 
Skandinavien bis nad1 ltalien hinunter und von Rußland bis nach Frankreich hinüber. Am 
ehesten lassen sidi für die Zwedce eines Überblicks einige tedmische Momente herausheben, die 
zugleich den innersten Zusammenhang gleidigearteter künstlerischer Auffassungen andeuten. 
Bei der Mehrzahl der Arbeiten begegnet uns die Elfenbeinplatte, auf der der Pinsel des Miniatur- 
malers mit Hilfe von Wasserfarben, die mit Gummi versetzt waren (die zeitgenössische Literatur 
über die Technik ist redlt umfangreich), so reizvolle Werke hervorzuzaubem verstand. Man hat 
früher wohl den Gebraudi der Elfenbeinplatte zeitlich festzulegen versucht, als lage eine Art 
Erfindung vor, während Sldl höchstens sagen laßt, daß der vorher seltene Gebrauch einer Elfenbein- 
platte im 18. Jahrhundert so allgemein wird, daß die Zahl der Emailminiaturen und Miniatur- 
schöpfungen auf Pergament im Gesamtbilde nicht mehr mitspricht. Dabei muß allerdings erwähnt 
werden, daß die Elfenbeinplatte damals zum ersten Male, etwa um die Mitte des 18. Jahrhunderts, 
in einer bis zum Durdrscheinen dünnen Fassung verwandt wurde.  
Von bekannteren Miniaturmalern, deren Geburtsdaten noch dem 17. Jahrhundert angehören, 
waren auf der Darmstädter Ausstellung durch Proben ihrer Kunst Adam von Manyoki, Andreas 
Möller, Georg Desmarcies, Balthasar Denner und Franz Lippoldt vertreten. Daß mit Ausnahme 
der beiden letztgenannten die Wiege dieser Künstler nid1t in Deutsdiland stand, zeugt auch auf 
diesem Gebiete für den intemationalen Charakter dieses Zeitabsdunittes. 
in den Arbeiten der genannten Künstler sieht man gleichsam alte und neue Schule sidi 
innerhalb dieser Spezialkunst sd1eiden. Während Denner in dem entzüdrenden Miniaturbild 
eines Herm in rotem Samtrodre fein und klar wie ein Schmelzmaler wirkt und Manyoki und 
Möller sich demgegenüber schon in etwas freieren Bahnen bewegen, tritt bei Desmaräes bereits 
die reife Technik einer ganz in feine Punkte aufgelösten Miniaturmalerei hervor. Seine Kunst 
zu verstehen, bedarf es allerdings der Kenntnis der in Darmstadt nicht vertreten gewesenen 
Miniaturschöpfungen seines Lehrers Martin von Meytens d. A, an dessen Werke sidr jene lange 
Kette von Miniaturisten anschließt, die in der Hauptsadie das Bild dieses Kunstzweiges im 
18. Jahrhundert bgstjmml und ihm jenen glänzenden Sdiimmer, jenen puderartigen Hauch verliehen 
haben, der das Merkmal des echten Rokokos ist. 
Zahllos sind die kleinen Bildnisse, die in dieser Punktmanier zur Befriedigung aller An- 
Sprüthe der Mode geschaffen wurden. Kein anderes Wort als "Mode" kennzeidmet besser die 
überaus große Verwendung der Miniaturen im Verlauf dieses Jahrhunderts, die oft als Medaillons, 
als Anhänger, Armband oder Ring gefaßt, dem Schmudrbedürfnis der Menschen zu dienen 
bestimmt waren. Bei den nicht sehr zahlreichen Künstlersignaturen ist es infolge der Tedmik 
des Punktierens oft sehr schwer, die einzelnen Künstlerhandschriften richtig zu erkennem 
Während zum Beispiel die Werke der norddeutschen Künstlerfamilie König, zumal bei 1mm-
	        
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