Volltext: Deutsches Barock und Rokoko (Bd. 1)

hauptet und durchgesetzt. Das ist einer der großen Ruhmestitel, die sich mit Recht an sein 
Wirken knüpfen. Er war das Kind einer neuen Zeit, die mäditig 118d! Aufklärung verlangte 
und wie sehr er den Geist dieses, durdt deutsdie Gelehrsamkeit und Dichtkunst vorbereiteten 
großen Zeitabsdmittes in sidt aufgenommen, beweisen nidit zuletzt die Bildnisse jener Männer, 
die die Grundlagen der modernen Kultur vorbereitet haben. ln den Porträts des gelehrten 
Deutsdilands seiner Tage, in den Bildnissen der Lessing, Nicolai, Hagedom, Mendelsohn usw., 
die zum großen Teil ebenfalls hier reproduziert worden sind, erkennt man deutlich den Wandel 
der Weltansd1auung und den Sieg einer neuen, auf geistige Arbeit gestützten bürgerlidien Kultur, 
der das höfisd1e Rokoko endgültig, nach einer verhältnismäßig kurzen Vorherrsdiaft, hat weidlen 
müssen. Trotzdem wäre es verkehrt, den Maler Graff unbeeinflußt von der Note des Rokokos 
zu denken. Wie der Danziger Chodowiedci die Tradition des nordischen Barocks in sid1 auf- 
genommen und weiterentwickelt hat, so verstand es Graff, das Rokokoideal eines Kupetzky und der 
ihm verwandten deutsdien Hofmaler der neuen bürgerlidien Gesinnung künstlerisdi anzugleidaen. 
Ähnlid1es hat audi Januarius Zink versudit, der sich aus einem vorzüglidien Dekorateur und 
als Mitarbeiter seines malerisdt hervorragend begabten Vaters, gegen Ende des Jahrhunderts 
zu einem bürgerlichen Porträtmaler entwidcelte und als soldler das in jeder Hinsicht bemerkens- 
werte Bildnis der Familie Remy gesdiaffen hat (Abb. 736). Es hat bei aller Steifheit in der 
Komposition malerisdie Qualitäten in den Einzelheiten, die gerade bei einem Künstler wie Zidc 
doppelt überrasd1en, dessen Stärke sonst im Fresko liegt. So empfindet man dies vielfigurige Bild, 
auf dem sidi der Meister selbst im Hintergrunde nidat vergessen haben dürfte, als eine bedeutsame 
Zwischenstufe auf dem Wege, der von Holbein über den Klassizismus zu Leibl führt. Das Bild ist 
nicht nur seiner Gesinnung nadi ein typisch deutsdtes Denkmal aus dem letzten Drittel des 18. Jahr- 
hunderts, ein Stüdr bürgerlidien Rokokos, sondem noch mehr als Ausdrudr malerisdaen Könnens 
im Vergleich zu dem Durdisdmittsniveau der Zeit beachtenswert. Vielleicht, daß an diese Reife die 
Arbeiten des Freskomalers doch nidit heranreichen, dem man so oft in den Kirdien Schwabens 
und Frankens begegnet. Vielleidtt, daß das Feinste dieser Arbeiten in jenen kleinen Vorstudien 
versdzlossen ist, die wie die Aurora (Abb. 734) oder das Mahl der Götter (Abb. 733) einen voll- 
wertigen Ersatz für die zum Teil längst verdorbenen Dedtenbilder abgeben. Der Maler Zidx 
prägt sidi mit soldien und ähnlidien Tafelbildern am überzeugendsten dem künstlerischen Be- 
wußtsein ein und es ist interessant festzustellen, wieviel gute Barodrtradition gerade in diesen 
Dingen stedtt. Ein Stüdx, wie die praditvolle Szene „Christus am Ölberg" ist in Aufbau, Fonn 
und Empfindung bestes deutsd1es Barodx (Abb. 731). Sie weist deutlich audi auf den Lehrer und 
Vater des Künstlers, den alten Johann Zidz hin, der in seinen Tafelbildem  zum Beispiel in 
der wundervollen „Geißelung Christi" (Abb. 122)  den Geist Rembrandts dem eines Tiepolo 
zu vermählen verstand. Audi hier dürften die Tafelgemälde ihrer hohen malerisdaen Kultur 
wegen, vor den Fresken und Altarbildem für die Einsdiätzung grundlegend sein, obwohl nicht 
alles auf gleidaer Stufe steht. im Ganzen gesehen aber sind sowohl Johann wie Januarius Zidr 
Ausnahmeersdieinungen im Rahmen ihrer Zeit. Wie Chodowiedti und Graff in anderer Weise 
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