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Die Psychologie
künstlerischen
des
Genießeus.
wenn auch kaum bis zur äußersten Konsequenz getriebene Auf-
führungen von Reinhardt in Berlin und Beerboom-Tree
in London gegeben worden. Die extremsten Versuche sind
im Münchener "Künstlertheater" unternommen worden, wo
die Maler den Mimen ihre Vorschriften aufgezwungen haben.
Und zwar gingen die regieführenden Maler von dem Gedanken
aus, daß man, um einen den malerische Wirkungen möglichst
ähnlichen Eindruck von der Bühne aus zu erzielen, auch die
Raumwirkung der Bühne nach Kräften zweidimensional ge-
stalten und alles auf Reliefwirkungen stellen müsse. Nach meinen
Eindrücken tut man einer Kunst, die ihrem Wesen nach mo-
torisch ist, durch solche optische Forderungen Gewalt an, und
in der Tat ist mir bekannt geworden, daß sich der auf der
Malerbühne beschäftigten Schauspieler zuletzt eine wahre Wut
bemächtigt hat, weil sie sich durch die ihrer speziüschen Kunst-
weise ganz widerstrebenden Vorschriften und Rücksichten gleich-
sam an allen Gliedern gefesselt fühlten. Es ist vielleicht mög-
lich, durch eigens für solche Wirkungen geschaffene Stücke
starke Kunsteindrücke zu erreichen, solange man es jedoch mit
den ganz aus dem Geiste der Mimik geborenen Werken Shake-
speares versucht, wird man nie den Vorwurf des mangelnden
speziüschen Stilgefühls vermeiden können.
Der auditorisch-sensorische Typus. Dem rein vi-
suellen, auf Farben eingestellten Typus entspricht auf dem
akustischen Gebiete der sensorisch-auditorische, der auf Klänge
reagiert, und zwar unterscheide ich hierbei zwei Gruppen: die
auf T öne und die auf Wortschälle eingestellten Auditorischen.
Im allgemeinen dürften überhaupt, wie auch die Unter-
suchungen über Vorstellungstypen zeigen, die Akustiker viel
seltner sein als die Visuellen. Das zeigen ziemlich alle Sta-
tistiken über dies Gebiet, wie die von Galton, Binet, Höff-
ding und manchen neueren. Vieles auch, was auf den ersten
Blick auditorisch scheint, ist in Wirklichkeit motorisch. Mir
hat sich das bei Versuchen deutlich ergeben, daß z. B. die
Versuchspersonen nicht mit Sicherheit angeben konnten, 0b sie
beim Wcrtvorstellen die Worte innerlich hörten oder innerlich