448 ABSCHNITT VII: DIE FLORENTINER MEISTER
sind, so zwingend
vom Beschauer als
werden soll.
wie
ein
alles übrige,
Gleichnis der
dass der Durchzug durchs
Schlacht von Campo Morto
Rote Meer
verstanden
Selbstporträt des
Pier di Cosimo
Wo aber hat Pier di Cosimo, so fragt man mit Recht, die Vorlage für
das Porträt des Kardinals von Nicäa gefunden? Er brauchte nicht lange zu
suchen, denn wenn wir Vasari glauben dürfen, so befand sich ein Bildnis
Bessarions mit vielen anderen Porträts berühmter Männer in den oberen Ge-
mächern des Palastes Nikolaus V., unweit der Kapelle Sixtus IV. Sie alle
wurden heruntergeschlagen, ehe Raffael die Stanzen auszumalen begann').
Die machtvolle Erscheinung des griechischen Kardinals muss auch die
Phantasie der Nachgeborenen noch beschäftigt haben. Federigo da Montefeltre
liess dessen Bildnis in seinem Studio unter anderen berühmten Männern malenz)
[Abb. 207], und als Pinturicchio in der Libreria zu Siena die Konsistorien
Eugens IV. und Calixt III. schilderte, vergass er niemals, unter all den bart-
losen Kirchenfürsten den Kardinal Bessarion anzubringen, das freundliche Ideal-
bild eines würdigen, alten Mannes mit langem, weissem Bart. Aber auch die
mündliche Tradition, dass der griechische Kirchenfürst, wie so viele seiner ge-
lehrten Landsleute, in den Freskogemälden der Kapelle Sixtus IV. einen Ehren-
platz gefunden habe, ist erst ganz allmählich erloschen; noch Paul III. wusste
davon, und er hat einmal selbst dem Kardinal von Sant' Angelo die Porträts
des Bessarion, des Argyropulos und einiger anderer Griechen gezeigtß).
Pier di Cosimo müsste kein echter Florentiner gewesen sein, hätte er
seiner glänzendsten Leistung in der Kapelle, die ihn auf einmal weit über die Ge-
hilfen seines Meisters hinaushob und ihn den besten seiner Landsleute ebenbürtig
an die Seite stellte, nicht die allgemein übliche Signatur seines Selbstporträts
hinzugefügt. Gleich links neben Moses wird der Kopf eines jungen Mannes sicht-
bar mit höchst intelligentem, aber sehr mürrischem Gesichtsausdruck [Abb. 208].
Er trägt einen schwarzen Kittel und eine schwarze Kappe, wie die anderen
Maler in der Sixtina auch, und er blickt so starr aus dem Bilde heraus den
Beschauer an, dass man das Selbstbildnis sofort erkennen muss, welches
nach dem Spiegel gemalt ist. Man halte die anerkannten Selbstporträts von
I) Vasari ed. Milanesi II p. 492 im Leben des Piero della Francesca. Schmarsow (Melozzo da
Forli p. 236) will, allerdings ohne ausreichende Gründe, dem Pier della Francesca und dem
Bramantino diese Porträts berühmter Männer nehmen und denkt sie sich unter Sixtus IV. von
Melozzo da Forli gemalt. Raffael liess diese Bildnisse kopieren, ehe sie zerstört wurden, und
Paolo Giovio hat die Kopien für sein Museum berühmter Männer benutzt. Er giebt auch das
Porträt Bessarions. Vgl. Pauli Jovii, Elogia virorum literis illustrium, Basil. 1577, p. 43.
2) Das Bild gehört der Serie an, welche von justus von Gent gemalt wurde und sich heute
zum Teil im Palazzo Barberini in Rom, zum Teil im Louvre in Paris befindet. Vgl. Morelli,
Die Galerien Borghese und Doria Pamphili (1890) p. 328 Anm. 1. Das Porträt Bessarions be-
wahrt der Louvre. Er erscheint hier sitzend in Kardinalstracht, ein grosses Buch auf den Knieen.
In der Bildung von Nase und Mund, der Stirn, so wie des Bartes, der Augenbrauen stimmen
das Porträt der Sixtina und das im Louvre vollständig überein. M. Jean Guiffreys Güte ver-
danke ich die photographische Aufnahme des Bildes im Louvre. Ein Miniaturbild Bessarions
wird in der Marciana in Venedig bewahrt (Fichet, Rhetoricorum libri III in Parisiorum Sorbona
1471), eine Medaille besitzt das Goethemuseum in Weimar. Vgl. Armand a. a. O. III p. 158.
i) Nolhac, Petites notes sur Part Italien p. ll. Vgl. weiter unten den Text ausführlich.