KAPITEL VI: DER SKULPTURENSCHMUCK DER KAPELLE 181
Schönheiten und Schwächen linden, wie in den Mittelplatten der Cancellata
der Sixtina.
S0 reich wie die Felder der Brüstung sind auch Sockel, Pilaster, Gebälk
und Pfeiler der Cancellata mit Ornamenten jeder Art ver-
ziert. Palmetten, mit Eichenlaub umkränzt, laufen am Sockel v,
entlangl), und auf den kleinen Pilastern erblickt man zierliche
Kandelaber, welche oben in einer Schale ein Hackerndes
Feuer tragen. Eichelguirlanden schmücken den Fries des
Gebälkes, und die Pfeiler mit den korinthischen Kapitälern
sind auf allen vier Flächen mit phantastischem Laubwerk ver- I
ziert, das aus Akanthusblättern, Kandelabern, oder schlanken Z
Vasen in vollkommener Symmetrie emporwächstz) [Abb. 88
und 89]. Zweifelsohne ist die Fülle dieser dekorativen Skulp- i? {'52 l
turen von mehr als einer Hand gearbeitet, und man meint a kt
sogar, bald ein grösseres, bald ein geringeres Talent unter-
scheiden zu können. Aber es ist unmöglich, hier mit Sicher- 51' elf-f"
heit verschiedene Künstlerhände trennen zu wollen. Finden
sich doch dieselben Pilasterfüllungen an zahllosen Denkmälern i,
des Quattrocento in Rom; wissen wir doch, dass in den grossen
Werkstätten der Grabmonumente die jüngeren Künstler den "'55
älteren gerade bei der plastischen Durchführung all des orna-
mentalen Schmuckes geholfen habenß). Dagegen wird man
einen Grundunterschied im dekorativen Gestaltungsvermögen 5915:!
an Cantoria und Cancellata auch jetzt noch zugeben müssen. ä
An der ersteren sind die Ornamente gedrängter, schwer- 511i"
fälliger, konventioneller; an der letzteren ist alles lebensfrisch,
schwungvoll und voll zarter Empfindung.
angezogen sind. Man vergleiche z. B. die Bandschleifen an den beiden
dekorativen Platten rechts und sehe, wie verschieden dort Medusenhaupt W 3,1
und Amphora aufgehängt worden sind. {f
I) Ein ganz ähnliches Palmettenornament umrahmt die Grabschrift des pi
Grafen Hugo von Andeburg in der Badia in Florenz.
z) An den beiden Frontseiten entwickelt sich das Ornament der Pfeiler
nach rechts und links aus einem Stengel in der Mitte; auf den inneren f
Flächen ist ein Rankenwerk mit Blumen in regelmässigen Zwischenräumen f! tuiy:
angebracht, in denen die Gitterstangen einsetzen. Nach dem Presbyterium y
zu ist das Pilasterornament flacher gearbeitet als an den anderen drei
Seiten, und die Basis ist einfach abgeflacht und bildet mit der Rückwand
der Cancellata, welche einmal den Kardinälen als Lehne diente, eine gerade
Fläche. Für den ganzen ornamentalen Schmuck der Cancellata finden Ä;
sich die antiken Vorbilder in den Skulpturen des Arcus argentariorum "i
und der Ara pacis Augustae in Rom. Den ersteren sieht man noch heute Abb. 89
2911111, fntdteitelii 3,3l.diltfiillgtfiifemdioäliäi. 111
Bollettido dell' Imp. Istituto Archeologico Germ. Vol. IX (1894) p. 171 ff. äixgtixtvfußs
3) Vgl. Vasari ed. Milanesi Ill p. ll7, im Leben des Mino: Ed aiutando
a'maestri che lavoravano allora opere di marmo e sepolture di Cardinali, che andarono in
San Pietro di Roma fu conosciuto per rnaestro molto pratico e sufficiente.
Dekoration an
Sockel, Pfeilern
und Gebälk der
Cancellata