ERSTE
ARBEITEN.
aber in der Hoffnung, das Bild zu verkaufen, fah er {ich getäufcht, vielleicht
durch eigene Schuld, da er dasfelbe im Katalog als nPOTtTätK bezeichnet hatte
ein befreundeter Offizier, Namens Dieudonne, hatte ihm für den Kopf gefef-
fen und man daher das Gemälde für unverkäuflich hielt. Erft nach dem Tode
Gericaultls fand es in dem Herzog von Orleans einen Käufer, und im Jahre 1861
wurde es bei der Verfteigerung der Kunfifchätze Louis Philipps zufammen mit
dem nverwundeten Küraffleru für 23400 Francs vom Louvremufeum angekauft.
Gericault fah in dem Umitande, dafs fein Bild nicht verkauft wurde, einen
Mifserfolg und befchlofs deshalb, {ich am nächften Salon nicht zu betheiligen.
Er wendete fich wiederum feinen Pferdeftudien zu; als aber die Ausfiellung des
Jahres 1814 herannahte, änderte er feinen Entfchlufs und malte ein Pendant zu
dem ftolzen, im vollen Siegesbewufstfein auf den Feind losftiirmenden Offizier.
Von einer Verherrlichung des Sieges konnte keine Rede mehr fein. Die furcht-
baren Niederlagen, die nationale Kataftrophe der Jahre 1813 und I8I4 verlangte
eine andere Interpretation des franzöfifchen Heldenthums, und eine folche fand
Göricault in der ergreifenden Darftellung des vverwundeten Küraffiersu, welche;-
fich mit feinem Pferde aus dem Gefechte zurückzieht. (S. die Abbildung.) Geri-
cault hatte auf die Ausführung bei weitem nicht diejenige Sorgfalt verwendet,
durch welche der Chaffeuroffizier ausgezeichnet ift. Er hatte kaum vierzehn Tage
gebraucht, um das faft drei Meter hohe Bild auf die Leinwand zu werfen, und
dem franzöfifchen Publikum, welches für die formale Seite von Kunftwerken ein
fcharfes Auge hat, blieb die Flüchtigkeit der Ausführung nicht verborgen, Nichts-
deftoweniger bezeichnet diefes Bild einen weiteren Fortfchritt Gericaulfs zu
Gröfse des Stils und zu Vdramatifcher, von echter Gefühlswärme getragener Auf-
faffung. Wenn man an dem Chaffeuroffizier noch die etwas theatralifche Haltung
bemängeln konnte, fo war bei dem nverwundeten Küraffieru die naheliegende
Klippe des Melodramatifchen glücklich vermieden worden. In ähnlichen Kriegs-
bildern der modernen franzöfifchen Schule, welche den Jahren 1870 und 1871 ihren
Urfprung verdanken, tritt das melodramatifche Element dagegen viel fiärker auf,
fo befonders in Georges Bertrand's gegenftändlich nahe verwandtem Gemälde
nPatrielu (Salon von 1881), auf welchem ein zum Tode verwundeter Küraffier
mit der geretteten, mit feinem Herzblute vertheidigten Fahne von feinen trauern-
den Kameraden aus dem Feuer geführt wird.
Der geringe äufsere Erfolg auch diefes zweiten Bildes drückte den Muth des
jungen Malers noch mehr nieder. Ueberdies liefsen ihn die politifchen Wirren,
während welcher er einige Monate, um feine militärifchen Neigungen zu befrie-
digen, unter den roth uniformirten Musketieren des Königs diente, und eine
unglückliche Herzensangelegenheit nicht zu ruhigem Schaffen gelangen. Eine
im Herbfte des Jahres 1816 unternommene Reife nach Italien war deshalb für
ihn im doppelten Sinne der Anfang eines neuen Lebens. Nachdem er fich vier
Wochen in Florenz aufgehalten, wo er u. a. die Figuren von den Mediceergräbern
Michelangelds zeichnete, ging er nach Rom, um dort die Gröfse des von ihm hoch-
verehrten und über Alles geftellten Meifters auf fich voll und ganz wirken zu laffen.
Daneben ftudirte und kopirte er aber auch nach Rafael, wobei wieder feine Vor-
liebe für die Darltellung des Pferdes in der Kopie eines fich bäumenden Roffes