Volltext: Kunst und Künstler der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts (Abth. 4, Bd. 2)

PIERRE 
PAUL 
PRUDHON. 
reicht und der Genius, mehr vom Rücken gefehen, feine fchöne Geftalt in volleren 
Linien entfaltet (Br.  
Prudhon's Eigenart, feine Liebespoefie in ihrem vollen Zauber finden wir 
wieder, da er noch einmal zum Hirtenidyll zurückkehrt. Zu einer italienifchen 
Ueberfetzung von Daphnis und Chloe, die Renouard 1800 herausgab, lieferte 
Prudhon eine Wiederholung des uBadesv, die faft noch fchöner aushel als die 
frühere Faffung. Unter hochftämmigen Bäumen Ptelit Daphnis bis an die Knie 
im Waffer und fafst in feiner Ungeduld mit beiden Händen das lange Hemd 
der Freundin, die ihm zögernd folgt. Die lebendige Bewegung, hier verlangend, 
dort widerftrebend, voll Unfchuld und doch erwartungsvoll erregt, die jugendliche 
Schönheit beider Geftalten mit dem glücklichen Lächeln kindlicher Freude ver- 
einigen in diefer Erfindung alle Vorzüge 
Eine Vignette zu aGli Amori di Abrocome e d'Anzian des Xenophon von 
Ephefus, die derfelbe Verleger im nämlichen Jahr veröffentlichte, fchildert, wie 
Anzia in die Hände der Briganten gefallen, dem Gotte Mars geopfert werden 
foll. Schon ift fie bei der Statue an einen Baum gebunden und die Barbaren 
im Begriff, auf ihren lichten Leib zu zielen, als ein Retter herbeikommt und fie 
mit feinen Leuten befreit. iBraun 665.) 
In den Kreis der Bacchanten und Silene treten wir mit der Zeichnung zu 
Taffds Aminta, (Braun 664) wo Sylvia nackt und gefeffelt von einem Satyr über- 
fallen, durch ein herzueilendes Weib und ihren Liebhaber Amyntas gerettet wird. 
Auch diefe Favola bofcherina erfchien bei Renouard 1800, Während im Salon 
1798 fchon eine Weinlefe erwähnt wird, die fich hier anreihen mag. uLes Ven- 
dangesv heifst eine friesartige Darftellung (Braun  die das Feft der Trauben 
in heiterer Frifche entwirft. Zur Linken find Frauen befchäftigt die Früchte zu 
fchneiden, Kinder tummeln (ich fpielend dazwifchen oder nafchen im Verfteck 
von den Beeren; rechts bringt ein Mädchen den vollen Korb zum Winzer, der 
den Efel bepackt, und mit der hübfchen Genoffin fchäkert. Luftige Buben 
beginnen gar den bacchifchen Zug; die Laune des neuen Weines iit überall. 
Erft im letzten Jahre des alten Jahrhunderts wagt Prudhon den Wettftreit 
in der monumentalen Kunft. Die Zeichnung, die ihm bei feiner Rückkehr aus der 
Franche-Comte ein Atelier im Louvre eingetragen, erfcheint nun ausgeführt als 
Rundbild von 3,66 Meter Durchmeffer: a die Weisheit und die Wahrheit fteigen 
auf die Erde herab und die Finfternifs entweicht bei ihrem Nahenn) Noch ISOI 
in der Galerie lebender Meifter zu Verfailles, kam es dann nach St. Cloud und 
fchmückte die Decke der Salle des gardes. Beim Brande am Hochzeitstage 
Napoleons leicht befchädigt, wurde es fpäter nach Paris gebracht und in den 
Magazinen des Louvre vergeffen. Wir find alfo auf den Bericht früherer Augen- 
zeugen befchränkt. Minerva im Helm und Bruftpanzer, mit weiter gelber Draperie 
über der lila Tunika, führt an der linken Hand ein junges Mädchen, das, ganz 
nackt, die Wahrheit vorftellt, und zeigt ihr mit der Rechten die Erde. Bruun 
Neergaard fand nur Minerva etwas maffiv und durch den Mantel befchwert, fonft 
lobt er wie Voiart die Poefie des-Gedankens und der Kompofition, die Anmuth
	        
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