JACOPO
SANSOVINO.
zu Gunften Sanfovinds literarifch ungemein regfam war, bereits im Februar 1540
den kaiferlichen Gefchäftsträger Don Diego Mendoza einladen konnte, er folle
{ich in der Maske auf die Piazza begeben, um zu liehen vi sudori mirabili del
Sanfovinou (die wunderbaren Anftrengungen Sanfovinds). Der letztere wufste lieh
klüglich die Geneigtheit Aretinds durch gelegentliche Gefchenke zu erhalten, und
diefer wurde feinerfeits nicht müde, den Ruhm des Künftlers in feiner ausgebrei-
teten Correfpondenz auszupolaunen, wahrfcheinlich in der feinen Berechnung, die
Gaben Sanfovinds, die in Bronze- und Marmorliguren beftanden, bei feinen fürft-
lichen Gönnern für einen deltö höheren Preis in klingende Münze umzuletzen.
Wir erfahren, dafs Sanfovixio ihm einmal die Marmorftatue einer heiligen Katha-
rina fchenkte, welche den Schmeichler zu einem Sonett begeiPcerte, in deffen
Schlufsrondo er fehr gefchickt eine charakteriftifche Eigenthümlichkeit Sanfovinds
hervorhob:
Immortal Sanfovino voi pur havete
Mostmto a1 mondo, come ai bronzi e i
Non men senfo, chc moto dar sapetc.
(Unfterblicher Sanfovino, Ihr habt der Welt gezeigt, dafs Ihr der Bronze und
dem Marmor nicht blofs Leben, fondern auch Bewegung zu verleihen vermögt.)
Eine lebhafte Bewegung, die meift eine originelle Stellung bedingt, fehlt kaum
einem plaitifchen Werke des Meifters, der auch in der Architektur nach Mannig-
faltigkeit, nach lebensvoller Gliederung und malerifcher Wirkung der F affaden ftrebte.
Die Zecca, ein Rufticabau ganz aus iftrifchem Stein aufgeführt, wurde eher
vollendet als die Bibliothek, deren plaftifcher Schmuck noch längere Zeit in An-
fpruch nahm. In der Klarheit, mit welcher der Zweck des Gebäudes durch die
ernfte, gleichfam gepanzerte Faffade zum Ausdruck gebracht worden iII, liegt der
hauptfächlichfte Vorzug des Gebäudes, und es lag ficherlich von vornherein in
der Abficht Sanfovinds, die neun Oeffnungen des Erdgefchoffes bis zum Anfatz der
Bögen zu fchliefsen, gleichfam um das Gefchäft der Miinzprägung profanen Blicken
zu entziehen. Im Erdgefchofs, welches fich nach dem Hofe zu in fünfundzwanzig
Bögen öffnet, waren nämlich die Giefsereien und fonftigen Werkftätten unter-
gebracht. Temanza berichtet dagegen, die Ocffnungen nach der Lagune zu wären
urfprünglich offen und für Verkaufsläden eingerichtet gewefen und erft fpiiter, als
{ich die Giefsereien als zu klein erwiefen, feien die Bögen zugemauert worden.
Dem widerfpricht jedoch auch die Thatfache, dafs keiner der Bögen irgendwie als
Eingang charakterifirt ift. Der Eingang erfolgte vielmehr durch die Libreria, aus
welcher man zunächft in ein kleines Atrium und von da durch eine Galerie in
den Hof gelangte. Der feltliche Glanz der Libreria beeinträchtigt leider die Wir-
kung der Zecca, die ifolirt oder in anderer Umgebung ungleich erhabener und
majeftätifcher fein würde.
Die Ausführung feiner beiden Hauptwerke liefs dem Meifter noch die Zeit,
xiamentlich in den erften vierziger Jahren eine lebhafte Thätigkeit nebenher zu
entwickeln. Aus der Reihe der in den Jahren 1538-1545 entftandencn, auf
Sanfovino zurückzuführenden Bauten ift jedoch die Kirche San Giorgio de' Greci,
welche Selvatico unverdient einer fo herben Kritik unterzogen hat, zu ftreichen.
Wenn Sanfovino wirklich der Schöpfer diefes erft 1583 vollendeten Baues gewefen
wäre, würde fein Sohn Francesco in feiner Befchreibung Venedigs ficherlich nicht