FRESKEN
AUS
STA.
MARIA
DELLA
PACE
MAILAND.
armt. Neben diefer Hauptgruppe Motive aus dem täglichen Leben, Männer,
welche, der Stadt zufchreitend, den Inhalt ihrer Körbe herrlichen F rauengeflalten
anbieten. 2) Die Verkündigung"). Anna kniet vor einem einfach ornamentirten
Renaiffance-Pult und blickt den Engel an, welcher aus der Ecke des Bildes her-
vorfchwebt und mit der Hand nach oben weift. Zu gleicher Zeit empfängt links
auch Joachim die freudige Kunde. 3) Die Geburt Mariafszß). Anna fitzt aufge-
richtet im Wochenbett, hat die Hände gefaltet und die Blicke gen Himmel ge-
richtet. Eine Magd giefst ihr Waffer in ein Becken, ein Mohr bringt Effen her-
'bei. Im Vordergrund fchickt {ich die Amme an, das neugeborene Kind zu
baden. Das Mädchen, welches Waffer in die. Wanne giefst, ifi eine in der Be-
Wegung fchön componirte Figur. 4) Die Daritellung Marias im Tempeln), eine
figurenreiche Compofition. Maria wird von ihrer Mutter dem Oberpriefler zuge-
führt, der zum Tempel heraustritt und fie fegnet, drei feiner Kollegen beglei-
ten ihn. Männer und "Frauen umftehen die Gruppe, unter ihnen Joachim mit
weifsen Tauben in der Hand. Auf der unteriten Stufe des Tempels fpielt ein
Bube mit einem Hund, fich um das, was vorgeht, durchaus nicht kümmernd. Die
Scene ift zart und {innig gedacht und wird felbfl nach dem wunderbaren Bilde
von Tizian die beabfichtigte Wirkung auf das Gemüth nicht verfehlen. 5) Die
Erziehung der jungfrauzß). uSie fltzt in einem kirchenfluhlartigen Seffel und hält
auf dem Schoofse ein Buch, in dem fie mit dem Zeigeßnger der Rechten auf
eine Stelle hinweiit. Die Stufen heran tritt eine Frau und faltet die Hände. Im
Vordergrunde ein Schemel, bei dem zwei Frauen fitzen, die eine mit einem Korb
auf dem Schoofs. Von der andern ift nur noch die halbe Figur fichtbar. Wir
haben hier offenbar ein auf allen Seiten befchnittenes Fragment vor uns, dafür
bürgt auch die Figur rechts, die blofs zur Hälfte zu fehen ift; was fie vorge-
Pcellt hat, ift nicht mehr zu erkennen. 6) Die Einfegnung Mariaisw). Dies Stück
iff ungleich befferi erhalten, obgleich {tellenweife {lark übermalt. Maria, im weifsen
Gewande und mit aufgelöftem Haar, verneigt fich vor dem Priefler, einem wür-
digen alten Mann in reichem Brocat-Mantel. Den Hintergrund bildet eine Hü-
gellandfchaft, in der ein Tempel fleht. In die Vorhalle treten zwei Männer.
7) Maria und Jofeph auf dem Wege zum Tempel30), von allen Stücken das
fragmentarifchfte, zum Glück ift jedoch die Hauptgruppe, das Liebespaar felbft,
gerettet worden. Wir fehen es im vertraulichen Gefpräche, Hand in Hand, und
ganz in einander verfunken. Die fchreitende Bewegung der Beiden ifl mit grofser
Lebendigkeit wiedergegeben, ihr Gefichtsausdruck ungemein lebhaft. Was Lui-
ni's Auffaffung diefer Scene fo anfprechend erfcheinen läfst, ift das allgemein
Menfchliche, was er in {ie hineingelegt hat. In den gleichen Rahmen haben wohl
die zwei luftigen Mufikanten auf Nr. I gehört, nicht aber'die beiden Tuba
fpielenden Engel auf Nr. 25, welche in der Behandlung ganz anders find. 8) Jofeph
wird als der Gemahl Maria's anerkannti"), eine Compofition von etwa fechzehn
Figuren und von Allen die intaktefte, die einzige auch, auf derdie Geftalten faPc in
natürlicher Gröfse erfcheinen. In feinem Streben, jedem Kopfe individuellen
Ausdruck zu verleihen, flreift Luini hier einmal, in der Proi-ilfigur rechts, die Car-
rikatur. Die Tempelvorhalle zeigt, dafs der Meifter der architektonifchen For-
men vollkommen- mächtig war. Was der Vorgang in derfelben andeutet, wo wir