NEUE
LICHT-
UND
FARBENPROBLEME.
fchen Portrait auf einer Radirung von 1630 entfprechend, von Valentin Grecn
1775 als Prinz Rupert geftochen fiehe Vosmaer, Rembrandt S. 419 und Catalog
des Haager Mufeums) erinnert uns in der Haltung und Anlage an van Dyck, 0b-
wohl dann Rembrandtifcher Ton darüber gegoffen ift. Rein Rembrandtifch ift
das prachtvolle Bildnifs nRembrandt als OfflCiGIK von 1634 dafelbft.
Möglicherweile hat deryjunge Künitler felbit eine Zeit lang gefclhwankt, wie
weit _er fich der klaren, nicht in Licht- und Schattenfpiel einen befondern Effect
fuchenden Weife van Dyck's für das Bildnifs ergeben follte.
Doch feine eigenthürnliche Begabung wies ihn ftets feinen eigenen Weg. Wie
cinMuüker mit_ neuen Harmonien alle feine Melodien in jene taucht und felbft
vernachläfsigt, weil er neues Leben in neuen Zufamnlenklängen zu
verkünden hat, daraus neue Empändungen fprechen, fo damals Rembrandt in Be-
zug auf Licht und Farbe im Verdämmern bis in's Dunkel.
Nicht als ob wir nun im Einzelnen Alles fchön, grofs, prachtvoll oder auch
nur künftlerifch berechtigt nennen wollten. Es laufen genug Launen mit unter.
Das Licht wird gequält, wie es der Naturforfcher quält, um die Wirkungen und
Gehcimniffe zu entdecken, oder wie Michelangelo die Körper in Stellungen zwängt,
u_m ihre Anatomie in ungewohnter Weife zu zeigen. Und kommt es diefem nicht
darauf an, auch einen Hals länger oder die Arme mächtiger zu machen, fo macht
flch auch Rembrandt keinen Skrupel, einen Lichteffect zu übertreiben, wenn er
dadurch feine Intention erfüllt. Wenn dann die Weifen kamen, welche von ihm
crft diefen Generalbafs der Licht- und F arbentöne gelernt hatten und kritifirten,
dafs er ohne Unterfchied diexGluth des Reflexes in die Schatten gebracht habe,
als ob da Feuer d'rin wäre, nur des Effectes willen, und dafs er als Autodidact
ohne feften Grund von Vorbildern und Regeln feinem eignen Kopfe folge er
liefs folche Kritiker fich ärgern und that gerade weiter, was er mochte, vertrauend
dem Gott in der eigenen Bruft und nur begierig, fein Abfehen zu erreichen und
neue Schwierigkeiten {ich zu {tellen und zu löfen.
Für manche Bilder mufs man, um lie zu verftehen, die Atelier-Licht-Exer-
cizien mit geöffneten oder bis zur Spalte gefcqhloffenen, hohen {Eid niederen Luken
kennen, zu denen dann die Mpdellftellung rnöglichft raffinirt ausgetüftelt wird.
Sehr beliebt war damals z. B. ein hoher Licht-Einfall, der nichLunmittelbar das
Geficht der zu portraitirenden, etwa mit einem grofsen fchattenden Hut bedeckten
Perfon trifft, fondern mittelbar vom Boden und den tieferen Partien her reliectirt,
als heller Reflex das fonft in's halbe Licht emporragende Geficht, gegen den
dunklen Hut ftofsendT-iiberlichtet. Es ergiebt das ein__eigenthümlicl1esUmtluthen
von geheimnifsvollem Licht, vonxdem man nicht weifs, woher es kommt weil
de? Maler feige; Lichtquelle desAFenfters nicht mitmalt und welches doch
richtig erfcheint, trotzdem es fo ungewöhnlich ift.
Rembrandt hat ungewöhnliche Beleuchtungen gerne verwandt. Hat ein an-
derer Meifter fie ähnlich gewählt, fo findet man das dann Rembrandtifch. So
z. B, zeigt das Bild nRegenten des St. Elilabeth-Krankenhaufesu von Frang
Hals von 1641 dadurch Anklang an Rembrandt, dafs in dem gefchloffenen
Zimmer das Licht des Fenfters auf die Figuren 2, 3 und 4 (von links) fo fallt,
wie es defjüngere Meifter anzubringen liebte. Wir glauben, dafs hier nicht
Nachahmung vorliegt, fondern Hals nach der Wirklichkeit, wie fie die Zimmer-
beleuchtung ergab, fein Bild malte.