Volltext: Denkmale deutscher Bildnerei und Malerei von Einführung des Christenthums bis auf die neueste Zeit (Bd. 4)

DER 
GROSSE 
KURFÜRST 
AUF 
DER 
LANGEN 
BRÜCKE 
BEF LIN. 
Hierzu eine Bildtafel. 
Ein Blick in die Kunstgeschichte lehrt uns, dass sie mit der allgemeinen Geschichte 
derart verbunden ist, dass die Werke der Kunst der sprechendste Ausdruck sind für den 
jeweilig herrschenden Geist der Zeit. Wenn nun demzufolge nothwendig der Künstler unter 
dem Einfluss dieses Geistes steht, wenn seine Anschauungsweise, sein Gedankengang, vor 
allem sein Geschmack von ihm regiert wird, so fehlt es doch nicht an einzelnen Beispielen, 
von Mänhern, die  wenn sie auch im Allgemeinen der Denkweise ihrer Zeit folgen, doch, 
durch ihren Genius über sie geliehen, eine freie, unabhängige Stellung einnehmen, seiis dass 
sie an eine grosse Vergangenheit sich anschliessen, seils, dass sie wie Propheten in die Zu- 
liunft ragen und deren Mitschöpfer werden.  
Ein solcher Genius ist Andreas Sehlüter geb. zu Hamburg 1662, gest. 1714 in 
Berlin. Wohl galt seine l-lauptthätigkeit der Baukunst; doch steht er als Bildhauer fast 
noch grösser da und unbedingt als der grösste Künstler seiner Zeit. Die Masken sterben- 
der Krieger, als Fensterschlusssteine im Innern des Berliner Zeughauses, kann man getrost 
den besten Bildnereien der Neuzeit zuzahlen; sein Hauptwerk aber ist das Reiterstand- 
hild des grossen Kurfürsten auf der langen Brücke in Berlin. 
Dieses colossale Werk, wurde von Andreas Schlüter im Auftrag des Kurfürsten 
Friedrich lII., nachmaligen Königs Friedrich I. modelliert, von Joh. Jacobi in Erz ge- 
gossen, und im Jahre 1'703 feierlich eingeweiht. 
Der Kurfürst, hoch zu Boss, in römischer Feldherrntracht, scheint eben den raschen 
Lauf des Pferdes mit angezogeneln Zügel zu mässigen, als wollte er einen freien Ueberbiick 
 sei es des Schlachtfeldes oder seiner 'l'hnten überhaupt  gewinnen. Die Rechte hält 
den Commandostah, die Linke des Bosses Zügel. In freien Locken wallt das Haar über 
den Bücken hinab, auf den Mantel, der  den Vorderkörper frei lassend und der Bewegung 
folgend  hinter ihm auf dem Pferd aufliegt, derart, dass ohne die Bückenlinie des Pferdes 
zu verhüllen, doch der Winkel zwischen Pferd und Reiter glücklich ausgefüllt ist. 
Es muss bei den Zeitgenossen des Fürsten, die ihn in seiner Ilef- und Kriegertracht 
zu sehen gewohnt gewesen, einen" eignen Eindruck gemacht haben, ihn nach der ehrnen Auf- 
Försterß Denkmale d. deutschen Bildnerei. lV.
	        
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