Volltext: Denkmale deutscher Bildnerei und Malerei von Einführung des Christenthums bis auf die neueste Zeit (Bd. 1)

FREIBERG. 
Dunkelheiten darin sein, als früher; dennoch sind noch nicht alle Räthsel gelöst. Halten 
wir uns an den Ideenkreis, aus welchem in der Regel diecDarstellungen an ähnlichen Stel- 
len genommen sind, so dürfen wir in den Statuen zwischen den Säulen der Thürleibung 
prophetische, alttestamentliche Gestaltemsehen, die einen Bezug auf die Geburt Christi (in 
der Lunette über dem Eingang) haben. Fratzenhafle, auf das Gesims gelagerte Thier- und 
Menschenflguren dürften die mannichfachen Uebel der Menschheit bedeuten, von denen Christi 
Geburt uns erlöst hat. Unzweifelhaft ist dies bei dem Löwen und Drachen, den Sinnbil- 
dern von Tod und Sünde, der Fall; aber auch die übrigen Figuren gestatten eine verwandte 
Deutung. Darüber aber sehen wir die Folgen der Erlösung: Auferstehung nehmlich und 
Seligkeit. Im äusseren Ring erheben sich die Todten aus ihren Gräbern, wie der Engel des 
Lebens (in der Spitze des Bogens) sie berührt; im zweiten und dritten Rang sitzen ver- 
schiedene Heilige zur Bezeichnung des Himmelreichs; auch erkennt man im zweiten das 
Symbol des heil. Geistes mit anbetenden Engeln, im dritten Abraham, in dessen Schooss 
von einem Engel Seelen gelegt werden. Der innerste Ring zeigt uns Christus, von Engeln 
umgeben, mit dem Evangelium in der Linken, mit der Rechten die Krone des Lebens er- 
theilend. Auffallend bleibt hierbei, dass neben Christus und dem heil. Geist die dritte Per- 
son der Dreifaltigkeit in ihrer Unsichtbarkeit gelassen ist. 
Auf die Figuren zwischen den Säulen fällt einiges Licht von sehr ähnlichen Gestal- 
ten, welche in der Liebfrauenkirche zu Halberstadt gemalt und mit Beisehriften versehen 
waren. Danach haben wir an der rechten Seite (Taf. 2) in der weiblichen Figur a. neben 
David 2. die „Eeclesia" des Hohen Liedes, in der entsprechenden an der linken (Taf.  die 
Königin von Saba („Reg'ina Austriae") und daneben den König Salomo zu erkennen. Die 
vorderste Figur aber rechts (Taf. 2. 4.) mit dem Oelzweig und der Amphora ist Noah, in 
welchem das Menschengeschleeht seine erste Errettung aus dem allgemeinen Verderben feiert; 
die letzte aber  ist Nahum der Prophet, über bergigen Boden schreitend, nach den Wor- 
ten (Nahum  „Siehe auf den Bergen kommen Füsse eines guten Boten, der da Frieden 
predigetl" Die erste Figur an der linken Seite, im phrygischen Kleid, ist (gleichfalls nach 
der Anweisung der Halberstädter Bilder") der Prophet Daniel; die letzte aber unverkennbar 
der Täufer Johannes. Jede einzelne Figur ist noch besonders durch Embleme ausgezeichnet, 
die inzwischen nicht alle gleich verständlich sind. Der Kopf unter Noah kann auf die 
Sündfluth weisen, das Tauhenpaar über ihm auf die Arche; die Trauben unter den Füssen 
der „Ecclesia" gewähren mit ihrem Blute keine Schwierigkeit, wohl aber der Menschenkopf 
über ihr. Die Menschenköpfe unter, die Thierköpfe über David und Nahum sind gleichfalls 
schwer zu deuten. Der Löwenkopf unter Daniel erinnert an die Löwengrube, die beiden 
Vögel über ihm sind räthselhaft, wie der Affe und der Mensch bei der Königin von Saba, 
die Schlange und der Mensch bei Salomo; der Widderkopf über Johannes befremdet nicht 
und der Mensch zu seinen Füssen mit herabwallendem Haar könnte ein Getaufter sein. 
Das bei weitem Wichtigste an diesen Figuren wie an dem Relief der Lunette (Tal. i.) 
 lung "ltlalerei."
	        
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