Volltext: Geschichte der Malerschule Antwerpens

Anlehen 
die 
Kunft. 
franzöflfche 
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Während der öfterreichifchen Regierung dauerte der Rückgang der Stadt 
fort. Zwar erlebten die Provinzen unter Maria Therefia eine Periode des 
Friedens, aber es waren Zeiten eines zarten Schlummers zwifchen Jahren von 
aufgeregtem und unruhigen Schlafe. Jofeph II. verfuchte eine Reihe von 
Reformen einzuführen, aber das Volk, das nicht Willenskraft genug gehabt, 
fich gegen feine Bedrücker zu erheben, fand jetzt Muth genug, die Waffen 
gegen den Fürften zu ergreifen, der es aus feinem Zultand von Verfall erheben 
wollte. Jofeph II. bezweckte nichts weiter, als dafs er den füdlichen Nieder- 
landen einige Jahre von Verwirrung und Krieg verurfachte, und kurz nach 
feinem Tode fielen fie den franzöfifchen Republikanern in die Hände. 
Von Antwerpens alter Blüthe beftand Wenig mehr; Handel, GewerbHeifs 
und Wohlfahrt waren verflogen, und nirgends war ein Verfuch zu bemerken, 
fie neuerdings dahin zu ziehen. Das I8. Jahrhundert bietet im Ganzen nur 
das Schaufpiel von Erniedrigung und Entkräftung ohne leuchtende Flecken an 
dem grauen Himmel, ohne Morgenroth für die Zukunft. 
Mit der Antwerpeiffchen Kunft ging es nicht beffer. Bis zum Ende 
des I 7. Jahrhunderts hatte fich ihre Schule noch auf einer gewiffen Höhe 
gehalten, und der gleichwohl unverkennbare Verfall hinderte doch nicht, dafs 
bis um I700 jedes Fach noch Meifter von wirklichen Verdienften aufzuweifen 
hatte. Im I8. Jahrhundert verändert fich diefer Zuftand. Zwar grofs genug 
ift noch die Zahl der Antwerperffchen Maler. Campo Weyermann, der 
widerliche Gefchichtfchreiber der niederlandifchen Malerfchule, der fein lieder- 
liches Dafein in Schenken und Correctionshäufern zubrachte, und die Ant- 
werpeiffchen Künftlei" mit feinem befonderen Hafse auszeichnet, findet noch 
Veranlaffung, Antwerpen die fruchtbarfte Wiege von Pinfelführern zu nennen. 
Aber die Qualität hielt mit der Quantität nicht mehr gleichen Schritt. 
Die höchften Merkmale der Antwerpeiffchen Kunft, das Naturftudium 
und die Farbenluft, waren vollftändig verlernt, und man verfiel mehr und mehr 
in ziellofe Nachäffung der franzofifchen Akademieweife und Farblofigkeit. 
Unfere Maler reiften noch wie früher, aber anftatt anderwärts ihre Eigenart 
einzuführen, oder wenigftens aus der Schule der grofsen Meifter Italiens der 
einheimifchen neue Nahrung zuzuführen, brachten fie fremden Ungefchmack 
nach Haufe, und führten eine befchämende Nachäffung von Parifer Manier und 
von Parifer Meiftern ein, deren Iiigenfchaften eine Verleugnung des rlandrifchen 
Kunftcharakters in fich fchlofsen. So blieb es bis zum Ablauf des dritten 
Viertheils des Jahrhunderts, in welcher Zeit die Vorzeichen der Wiederbelebung, 
etwas wie eine träge Bewegung bei dem Schläfer, der Vorbote des bevor- 
ftehenden Erwachens, bemerkbar wurden, während erft um 1800 ein Lens und 
Herreyns, ein van Bree und Ommeganck, jeder in feiner Art, diefes Erwachen 
vollftändig zu machen begannen. Die Früchte ihrer l3eftrebungen zu pflücken 
und in Verbindung mit einem neuen materiellen Auffchwung eine glänzende 
Wiederbelebung der ilandrifchen Kunft zu begrüfsen, war daher crft unferem 
Jahrhundert vorbehalten. 
Wir dürfen uns in der Aufzählung der Künftler diefer unglücklichen 
Zeit kurz faffen, da von denfelben die meiften weniger um ihrer Verdienfte als 
um der Vollfcändigkeit willen genannt werden müfsen, wie auch, um an ihnen 
zu zeigen, in welcher Weife und in wie weit die Zäntwerpeiffche Schule ihren 
ruhmvollen Traditionen Lintreu geworden ift. 
Die Hiftorienmalerei vorab wurde immer weniger gepHegt und entartete 
kläglich. Zu Anfang des Jahrhunderts trifft man jedoch noch einige nennens- 
werthe Künftler. WILLEM IGNATIUS KERRICX, der Sohn des berühmten Bild- 
hauers Willem Kerricx und der Barbara Ogier, der Dichterin und Tochter des
	        
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