Volltext: Geschichte der Malerschule Antwerpens

Allgemeine 
Charakteriftik. 
Letzte 
WVerke  
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Bildhauer geworden, und wieder wurden die Menfchen und wurde die Natur 
von Angeficht zu Angeficht gefchaut. Er war der höchfte Ausdruck der Ant- 
werpenfchen Schule, welche die Eleganz in der Wahrheit, die Wärme des 
Lichts und die Klarheit der Farbe über Alles fetzt. Und nicht in kalter 
Ueberlegung, wie wir fie gebrauchen müffen, um fein Streben in Worten klar 
zu machen, vollzog er diefs Werk. Im Gegentheile, er fchuf, das heifst er 
gab den warmen Odem, das heifse Blut allen feinen Bildwerken; er fprach zu 
ihnen das hohe gebietende Wort, das die frühere Schule nur geftammelt hatte: 
„Steh auf und wandle!" und das Wunder, wodurch die Gefchöpfe feines Pinfels 
Leben und Bewegung bekamen, wurde durch ihn bei uns zum erftenmal 
ganz verwirklicht. 
Er gab flch Rechenfchaft von dem, was Griechen, Römer und Italiener 
in der Kunft gefunden und gefchaffen hatten, und pfropfte ihre eigenartigen 
Züge auf den niederländifchen Stamm, nicht um die vlämifche Kunft zu ver- 
drängen, fondern um fie zu vollenden; er verjüngte die altniederländifche 
Schule, indem er einen Lebensfaft in fie gofs der reichlich und kräftig genug 
war, um fie zwei Gefchlechter lang blühen und nach einem Jahrhundert von 
Scheintod noch einmal auiieben zu laffen. 
Rubens blieb bis wenige Tage vor feinem Ableben thätig. Eines der 
letzten Stücke welche er malte, war die wKreuzigung des hl. PCtYUS,(( welches 
Bild 1637 durch den damals in London lebenden Maler Georg Geldorp für 
einen Cölner beftellt wurde. Das Jahr darauf bezeichnet es Rubens brieflich 
als nvorgefchritten", aber bei feinem Tode finden wir es noch in feinem Nach- 
lafs, verzeichnet als gekauft von Joris Deschamps „für einen Mann aus Cöln." 
Diefer Mann war der berühmte cölnifche Bankier und Kunftliebhabcr Jabach, 
der das Stück für den Altar der Peterskirche in Cöln beftimmte, wo es fich 
auch noch befindet, feltfam genug gerade in der Kirche jener Pfarrei, in welcher 
Rubens Während feines Aufenthaltes in Cöln mit feinen Eltern gewohnt hatte. 
Auf dem Bilde iieht man den hl. Petrus mit dem Kopfe nach unten 
am Kreuz hängend; fünf Henker find befchäftigt, ihn fett zu nageln, ein 
Engel reicht ihm eine Matyrerkrone und einen Palmzweig dar. Grimmig bis 
zur Uebertriebenheit, gehäuft und zufammengedrängt find die Henker an ihrer 
Arbeit, im Nackten, mit Rubens fonftiger Malerei verglichen, von ziemlich 
taubem Colorit. Das Schönite ift der Heilige felbft: auf feine Bruft fällt ein 
kräftiges warmes Licht, das nach den Beinen zu fich fanft verliert; das Haupt 
ift in einen dunklen Ton gehüllt. Das über Verdienft gerühmte Werk trägt 
fehr deutlich die Spuren der Ermattung: die Adlerfänge öffneten {ich wohl 
noch um zu greifen, aber dem Griff gebrach es bereits an Feftigkeit. 
Unter den Werken feines Nachlaffes, von welchen man mit einigem 
Recht annehmen darf, dafs fie in feinen fpäteren Jahren entftanden find, zählen 
wir verfchiedene namhafte Stücke. So z. B. die grofse Landfchaft mit (Meie- 
ager und Atalantea im Mufeum zu Madrid, die wir bereits früher hoch 
gerührnt haben, ferner der wTanz italienifcher Bauernß xdie drei Grazienß 
XS. Georg, x xAndromeda und Perfeusßt in demfelben Mufeum, welche alle vom 
König von Spanien aus Rubens" Rücklafs angekauft wurden. Das letztgenannte 
diefer Werke war fogar noch unvollendet als Rubens  ftarb und es wurden an 
Jordaens 240 Gulden bezahlt um diefs Stück, wie auch einen Hercules, der 
gleichfalls nach Spanien gefendet wurde aber dort verloren ging, fertig zu 
malen. Wie wir bereits fagten iil; feine Andromeda wohl das glänzendfte 
Frauenbild, das er jemals fchuf. 
Zu einem feiner letzten Werke mögen wir auch die Madonna von ver- 
fchiedenen Heiligen umgeben zählen, die zufolge letztwilliger Verfügung des
	        
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