72
Siebente Vorlesung.
des Mittellingers neunzehnmal in der Körperlänge finden;
vielleicht ist dieser Kanon auch von den griechischen
Künstlern angenommen worden und Karl Blank nimmt
an, dass Polykletos, der nach den Angaben von Pli-
nius und Cicero eine Abhandlung über die Proportionen
geschrieben hat, für welche eine unter dem Namen des
Speerträgers bekannte Marmorsäule als Beispiel diente, kein
anderes System, als den egyptischen Kanon befolgt habe;
jedenfalls findet man bei vielen aus dem Altertum stammen-
den Bildsäulen dieses Massverhältnis, dass die Körperhöhe
der neunzehnfachen Länge des Mittelfmgers entspricht, wie z. B.
beim Achilles, wo die Körperlänge nur um zwei Milli-
meter die mit neunzehn vervielfältigte Länge des Mittel-
{ingers übertrifft.
Ein Längenverhältnis, welches noch der Erwähnung be-
darf, ist das des Unterarms zum Oberarm, namentlich da es
für den Anthropologen Gegenstand wichtiger Untersuchungen
gewesen ist, und uns Gelegenheit gibt, mit der Bezeichnung
DIIIdBXK uns vertraut zu machen, die wir im Folgenden
mehrfach anwenden werden, namentlich bezüglich der Ver-
hältniszahlen des queren und geraden Schädeldurchmessers.
Man bezeichnet in der Anthropologie als Index die Zahl,
welche das Verhältnis einer Grösse zu einer zweiten Grösse
angibt, wenn die letztere gleich IOO gerechnet wird.
Nehmen wir an, dass wir eine Länge A, die einen Meter be-
trägt, mit einer zweiten Länge B, die zwei Meter beträgt,
vergleichen wollten, so würden wir in diesem Fall, da die
erste Länge die Hälfte der zweiten ausmacht, sagen, dass
der gesuchte Index 50 ist. (Da 50 die Hälfte von IO0 ist,
und man die zweite Länge gleich 100 setzt). Da der Unter-
arm kürzer als der Oberarm ist, ungefähr 3,14 desselben aus-
macht, ergibt sich, wenn man zur Bezeichnung der Ober-
armlänge die Zahl 100 setzt, die Zahl 75 als Länge des
Unterarms, und wenn man als rlndex brachialisw das Längen-
verhältnis des Unterarms (des kürzeren) zu dem Oberarm
(dem längeren) bezeichnet, sagt man einfach, der Index bra-