F ünfundzwanzigste Vorlesung.
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die Brauen einen Bogen mit nach unten gewandter Höhlung,
dessen beide Enden an den entsprechenden Teilen der
knöchernen Augenhöhlen festhaften. Die Wirkung dieses
Muskels ist leicht zu erraten, denn er muss, wie jeder krumme
Muskel, der mit seinen Enden mehr oder Weniger befestigt
ist, bei seiner Verkürzung seine Krümmung verringern. Er
verändert also in demselben Sinne die Augenbrauen, an deren
Haut er haftet, er verflacht ihre Krümmung,
macht sie geradlinig querverlaufend, zieht
sie herab und zieht die Haut der Stirn
an, deren Falten er ausgleicht.
Bei der Untersuchung eines Gesichtes
(Fig. 68), an dem dieser Muskel sich zu-
sammenzieht, erkennt man, dass er Ueber-
legung ausdrückt. In Fig. 68 sind die.
sehr stark entwickelten Augenbrauen sehr
tief gesenkt, ihre Haare reichen über die Fig 67
Augen herab und der Ausdruck ist etwas Schema derwgkung des
der einer peinlichen Ueberlegung, der An- Srimmuissieggflfmerk-
strengung eines von Schmerz erfüllten
Geistes; aber man sieht auf alle Fälle, dass dieser Ausdruck
im wesentlichen durch die Senkung und geradlinige Richtung
der Augenbrauen bedingt wird, welche das Auge verhüllt
und jede Falte der Stirn ausgleicht. Diese Veränderung der
Zügel ist genau der durch den Stirnmuskel bedingten ent-
gegengesetzt, wie das der Vergleich der Figuren 66 und 68
zeigt. Es sind ja auch thatsächlich die Geisteszustände,
deren Ausdruck durch einen jeden dieser Muskeln wieder-
gegeben wird, einander geradezu entgegengesetzt. Wir
können nicht gleichzeitig aufmerksam auf einen Gegenstand
der Aussenwelt achten und unsere Gedanken zu Ueber-
legungen sammeln; gewöhnlich folgen die beiden Zustände
des Geistes und der Physiognomie in .der Weise, dass wir
zuerst aufmerksam sind auf das, was wir betrachten, mit
offenem, glänzendem Auge, erhobene Augenbrauen, gerun-
zelter Stirn (Wirkung des Stirnmuskels), dann uns das Ge-