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Vierundzwanzigste Vorlesung.
erwecken. Die Ceder mit ihren flach ausgebreiteten Aesten
ist derjenige unter allen Bäumen, welcher uns im höchsten
Masse diesen Eindruck gewährt. Dagegen giebt die zweite
Figur mit den schief nach unten gerichteten Linien den Ein-
druck der Traurigkeit, des Schmerzes, des Leides, und der
Verfasser unterlässt es nicht, die Richtung der Zügein einem
solchen Gesicht mit den architektonischen Linien von Grab-
gewölben und Grabdenkmälern zu vergleichen, sowie mit
den Aesten der Bäurne, welche man mit Vorliebe auf Fried-
höfe pflanzt, weil sie schief herabhängen (Traueresche u. s.
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IX
IX
Fig. es. Fig. 64.
Die drei Figuren des Humbert de Superville.
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XI
X;
Fig. 65.
Ruhe, Traurigkeit, Freude.
Endlich die dritte Figur mit schief nach oben gerichteten
Linien, gibt uns den Eindruck der Freude, des Lachens, des
Leichtsinns, der Unbeständigkeit, und um in den vorstehen-
den Vergleichen fortzufahren, wird alle Welt einräumen, dass
z. B. die chinesische Baukunst mit ihren schiefen nach
oben auseinander weichenden Linien niemals, wenigstens für
die Augen eines Europäers den Eindruck der Grösse und
Majestät hervorzurufen vermag.
Die Figuren und die Bemerkungen, welche Superville
von Gesichtspunkten aus, die unserer Beurteilung fern liegen,
daran knüpft, sind von einer überraschenden Richtigkeit,
wenn man die Züge des Gesichtes Während der Bewegung,
während des augenblicklichen Ausdruckes einer Gemütser-
regung betrachtet. In der That, alle Muskeln, welche an
dem Ausdruck des Schmerzes, des Kummers, der Traurig-
keit, der Verachtung teilnehmen, tragen dazu bei, die Züge
des Gesichts nach aussen unten zu verziehen, indem sie auf