Vorlesung.
Vierzehnte
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hinten verläuft und sich an den Hals des Unterkieferkopfes
ansetzt. Daraus folgt, dass bei Senkung des Unterkiefers
durch Drehung des Köpfchens um seinen Querdurchmesser,
dieses Seitenband gestreckt wird und einen Zug nach vorne
auf das Köpfchen ausübt, so dass es aus der Gelenkgrube
hervorgleitet und mit der queren Wurzel des Jochbogens in
Berührung tritt. Es erfolgt also, wenn der Mund durch
möglichst tiefes Herabziehen des Unterkiefers sehr Weit ge-
öffnet wird, eine Verschiebung des Unterkieferkopfes nach
vorne, die man bei mageren Leuten ganz gut beobachten
kann, und auf die hier bei Besprechung der Gelenkein-
richtung aufmerksam gemacht sei.
Der Gesichtsschädel als Ganzes betrachtet verdient na-
mentlich unsere Beachtung in Bezug auf vergleichende Be-
trachtung seiner Entwickelung gegenüber der des Hirn-
Schädels bei einzelnen Personen oder ganzen Menschenrassen.
Im allgemeinen ist der Hirnschädel um so schwächer ent-
wickelt (namentlich die Stirngegend) je mehr der Gesichts-
schädel vorspringt, wie das schon Camper, ein holländischer
Künstler in der Mitte des 18. Jahrhunderts richtig beob-
achtet hat.
Camper hat vorgeschlagen, die gegenseitige Entwick-
lung des Hirn- und Gesichtsschädels durch Messung eines
Winkels zu bestimmen, der gewissermassen die Seitenansicht
des Gesichtes und des vorderen Abschnittes vorn Hirnschädel
in eine geometrische Figur übersetzt. Dieser Gesichts-
winkel ist seitdem Gegenstand zahlreicher Untersuchungen
seitens der Anatomen und Anthropologen gewesen und die
Art, wie er gemessen wird, ist vielfach verändert und ver-
bessert worden. jedoch wird es hier genügen, die Mess-
weise anzugeben, nach welcher Camper verfuhr und mit-
tels deren er, wie er selbst angiebt, Beobachtungen an-
stellte, um dem Künstler die Mittel zu verschaffen, die Eigen-
tümlichkeiten in der Gesichtsbildung bei verschiedenen Men-
schen und Tieren richtig wiederzugeben. Dieser Winkel
wird durch zwei Ebenen (an dem von der Seite gesehenen