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Dreizehnte
Vorlesung.
miteinander durch gezähnte Ränder, die sogenannten Nähte
(Suturen). Da der Künstler den Schädel nicht ausschliess-
lich mit Rücksicht auf die äussere Körperform, sondern auch
als einen Gegenstand zu studieren hat, der häufig als Bei-
Werk auf bildlichen Darstellungen dient, undda die richtige
Wiedergabe der Nähte erst der Abbildung die Naturwahr-
heit gibt, können wir eine sorgfältigere Beschreibung der-
selben hier nicht umgehen. Wir müssen zu diesem Zweck
den Schädel von oben und in der Seitenansicht betrachten.
oben gesehen zeigt der Schädel eine in der Mittel-
vorne nach hinten verlaufende Naht zwischen den
Von
linie von
beiden Scheitelbeinen, das ist die Pfeilnaht (sutura sa-
gittalis). Hinten teilt sich diese Naht in der Höhe des
oberen Winkels der Hinterhauptsschuppe, und setzt sich in
Form von zwei Hinterhaupt-Scheitelbeinnähten nach unten
und aussen fort; man nennt diese Nähte zusammen die
Lambdanaht, weil sie die Gestalt des griechischen Lambda
(Ä) nachahmen. Vorne wird die Pfeilnaht begrenzt durch
die beiden Stirnbein-Scheitelbeinnähte, welche zusammen eine
quere Linie, die Kronennaht bilden (sutura coronaria),
(Fig- 39).
Wenn man den Schädel in der Seitenansicht betrachtet,
sieht man, dass die Nähte eine verwickeltere Figur bilden,
weil sich in der Höhe der Schläfengrtibe zwischen den oben
beschriebenen Knochen noch eine neue Knochenplatte ein-
fügt, welche mit an der Bildung der Schädelseitenwand be-
teiligt ist (5, I0, II, 12, Fig. 39). Diese vierseitige Knochen-
platte ist ein Teil des Keilbeins (os sphenoideum, von
aipiv, Keil), eines sehr unregelmässig gestalteten Knochens
im Schädelgrunde, in welchen er wie ein Keil eingefügt ist,
während seine Seitenteile sich Hügelförmig ausbreiten. S0
schiebt sich der grosse Keilbeinrlügel an der Seitenfläche
des Schädels vor der Schläfenbeinschuppe und unter der
Schuppe des Stirnbeins ein. Man sieht hier, wenn man
die Kronennaht von oben nach unten verfolgt, dass diese
Naht sich unten spaltet in eine vordere, die Keilbein-Stirn-