II2
Vorlesung.
Elfte
Körper von dreiseitig prismatischer Gestalt, an welchem man
auf den ersten Blick nicht gleich die drei Flächen und drei
Kanten sich merken kann, weil der Knochen von vorne innen
nach hinten aussen um sich selbst gedreht erscheint; aber
man kann sich die Gestalt und Lage dieser windschiefen
Flächen einprägen, wenn man auf die Thatsache achtet, dass
die äusseren Wadenmuskeln, welche die Aussenseite des
Knochens bedecken, sich unten nach rückwärts umbiegen,
um hinter dem äusseren Knöchel den Fuss zu erreichen
(s. Fig. 60); es wird dementsprechend die Aussenseite des
Knochens unten zur hinteren, und da die übrigen Flächen
dieselbe Drehung mitmachen, wird die innere unten zur
vorderen, und die hintere zur inneren.
Die beiden Unterschenkelknochen sind in ihrer ganzen
Länge durch einen Zwischenraum, den Zwischenknochen-
raum, getrennt, welcher oben breiter ist als unten und durch
eine Haut, das Zwischenknochenband, geschlossen wird,
die von einem Knochen zum anderen sich ausspannt; die-
selbe dient den tiefen, vorderen und hinteren Unterschenkel-
muskeln als Ansatz. Oben steht das Wadenbein in Gelenk-
verbindung mit der hinteren, äusseren Fläche des oberen
Schienbeinendes, aber dieses Gelenk gestattet nur fast un-
merkliche Gleitbewegulagen. Unten ist das Wadenbein durch
eine Art Fuge (Sympliyse) mit dem Schienbein verbunden,
welche keinerlei Beweglichkeit darbietet, sondern nur dazu
dient, dem Klammergelenk, in das der Fuss eingefügt ist,
eine gewisse Elasticität zu verleihen.
Wir sehen also, dass sich in Bezug auf die Beweglich-
keit die beiden Knochen des Unterschenkels von denen des
Unterarmes wesentlich unterscheiden; am Unterarm ist der
eine der beiden Knochen um den anderen beweglich, kann
sich mit ihm kreuzen und so die Pronation und Supination
der Hand erzeugen; zwischen Wadenbein und Schienbein
ist keinerlei ähnliche Verbindung, und der Fuss vermag des-
halb auch keine Bewegung auszuführen, die wir mit der
Pronation und Supination der Hand vergleichen könnten.