Vorrede.
VII
es sei mir hier ein freies Wort gestattet studieren
unsere jungen Künstler den Atlas, zeichnen die Abbildungen
desselben wieder und wieder ab, lesen aber niemals
den Text. Man wird dann verstehen, warum ich hier in
anderer Weise vorgegangen bin, und ohne Zweifel wird der
Umstand, dass die Figuren hier in den Text eingedruckt
sind und zwar so, dass sie nur mittelst der Blätter, welche
sie begleiten, wohl verständlich sind, denjenigen, der sie
studiert, dahin führen, den Text ordentlich und aufmerksam
zu lesen.
Man muss zugestehen (und wir kommen hier darauf,
wie dies Buch benutzt werden soll), dass das Lesen der
anatomischen Einzelheiten zunächst trocken und öde ist,
Und es wird das immer sein, wenn man nicht einige sehr
einfache Vorbedingungen erfüllt. In dem mündlichen Vortrag
kann der Lehrer, indem er anatomische Präparate in die
Hand nimmt, Zeichnungen aus freier Hand an der Tafel
entwirft, die Beschreibung der verwickeltsten Teile anziehend
machen und durch geschickte Wiederholungen in mannig-
facher Form die Aufmerksamkeit fesseln und das Verständ-
nis erzwingen. Das ist nicht so mit einer gedruckten
Beschreibung. Hier muss der Leser selbst sozusagen den
Text beleben, und zwar durch Untersuchung und Hand-
habung von Stücken, die zur Ergänzung der Beschreibung
geeignet sind. Zu diesem Zweck Würde ein Skelett und
ein gutgearbeiteter (Muskelmannx aus Gips genügend sein.
An dem Muskelmann wird es leicht sein, unter Zuhilfenahme
der dem Text beigegebenen Figuren den Verlauf der Mus-
keln zu verfolgen, und erst so wird ihr Studium nutzbringend
sein, da man ihre Form von verschiedenen Seiten betrachten
kann; wenn man die Knochen in die Hand nimmt und ihre
Gelenkflächen aneinander fügt, werden die trockenen Be-
schreibungen der Bewegungseinrichtungen der Gelenke eine
in die Augen springende Natürlichkeit erhalten und für
immer dem Gedächtnis eingeprägt bleiben. Ungeachtet der
schematischen Figuren, welche wir z. B. für die Bewegungen