Vorlesung
Neunte
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man von der Innenseite des Beckens aus den Grund der
Hüftpfanne anbohrt, ein leises, pfeifendes Geräusch als Zeichen
dass Luft in die Gelenkhöhle eindringt und sich zwischen
den Gelenkilächen ausbreitet, und sofort stürzt das Bein
herab, da der Schenkelkopf jetzt keinen Halt mehr hat.
Aber das ist nicht Alles. Man kann an demselben Körper,
an demselben Gelenk den Versuch Wiederholen und noch
überzeugender gestalten, wenn man nämlich das losgelöste
Glied nimmt, und den Schenkelkopf wieder in die Gelenk-
pfanne einsetzt, nachdem vorher die Oeffnung im Grund der
Pfanne mit-etwas Wachs verschlossen worden ist, und durch
einige drehende Bewegungen die Gelenkflächen in innige
Berührung bringt, so dass die Luft zwischen ihm ausgetrieben
wird, beobachtet man, dass der Schenkelkopf wieder in der
Pfanne haftet, das Bein wieder am Becken hängt; wenn man
aber dann von der Innenseite des Beckens aus den Wachspfropfen
wieder entfernt und der Luft den Zutritt gestattet, sieht man
sofort das Bein herabsinken, den Schenkelkopf sich Wieder
aus der Pfanne lösen. Der Versuch kann in dieser Weise
beliebig oft wiederholt werden.
Es erschien uns notwendig, hier ein für allemal auf die
wichtige Rolle des Luftdruckes bei dem Mechanismus der
Gelenke hinzuweisen; gleichartige, aber in ihrer Ausführung
schwierigere Versuche an anderen Gelenken zeigen, dass
dieser Druck überall in gleichem Sinne wirkt, indem er die
Gelenkflächen in gegenseitiger Berührung erhält.
Um nun auf das Studium der Hüftgegend, und zwar
besonders der Gegend. des grossen Rollhügels, zurückzukom-
men, erübrigt uns, zu untersuchen, wie gross die queren
Durchmesser dieser Gegend sind, und welche bestimmte Ge-
staltung der äusseren Körperform durch das Vorhandensein
'des grossen Rollhügels bedingt wird.
Der Querdurchmesser von einem grossen Rollhügel zum
andern ist mit dem von einem Oberarmkopf zum andern zu
vergleichen, d. h. wir haben Hüft- und Schulterbreite ver-
gleichend zu betrachten. Was in dieser Beziehung bei einer