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ist und ihre Ausbreitung eine Fläche erzeugt, die mit den
Umrissen auf der Beugeseite keine Richtungslinie gibt, welche
direct auf das Centrum des Kugelgelenkes, welches die
Schulter bildet, hinwiese. Wo also eine Figur den Arm in
die Seite gesetzt halten oder im rechtwinklig gebogenen
Arme etwas heben oder halten soll, ist das Modell wohl
zu prüfen, 0b es sich auch für diese Action eigne oder
durch ein anderes ersetzt werden müsse. Aber unser Schön-
heitsfehler hat nicht nur praktisches Interesse, auch ein ge-
wisses theoretisches ist ihm dadurch eigen, dass wir hier
den Grund kennen, weshalb wir die Linien schlecht finden:
wir finden sie deshalb schlecht, weil sie uns nicht zu der
natürlichen Vorstellung von dem correcten Zusammenhange
der Glieder führen.
Die Gestalt des männlichen Unterarmes wird, ebenso
wie die des Oberarmes, so sehr durch die Entwickelung und
durch die Action der Muskeln bedingt, dass sich über den
oberen Theil desselben nichts Specielles aussagen lasst. Der
weibliche Unterarm wird für um so schöner gehalten, je
mehr e1' sich, gegen den Oberarm gebeugt, in seinem oberen
Theile der drehrunden Form annähert. Denkt man sich
durch diesen gebeugten Vorderarm, senkrecht auf seine Axe
einen Querschnitt gelegt, so ist die nächste allgemein bekannte
geometrische Form, der sich dieser Querschnitt annahert,
eine Ellipse, deren grosse Axe schräg von oben und aussen
nach unten und innen gerichtet ist. In der Pronation weist
letztere mehr nach abwärts, in der Supination weist sie
mehr nach innen. Nun gilt ein Frauenarm für um so schöner,
je geringer die Excentricität dieser Ellipse ist, d. h. je mehr
sie sich" dem Kreise nähert. Es versteht sich von selbst,
dass deshalb der Künstler nicht etwa den gebeugten Vor-
derarm drehrund zu machen hat, sondern dass er nur an
Modellen den in gebeugter Lage mehr drehrunden Arm
dem mehr abgeplatteten vorziehen soll. Der gestreckte Unter-
arm ist immer mehr oder weniger Hach, am Hachsten in der
Supination, weniger Flach in der Pronation.