Lebenden der Fall ist, und der Hals gilt auch an den
Lebenden für umso schöner, je gleichmässiger seine Run-
dung ist. Bei manchen Antiken, bei denen der Kopf leicht
vorgeschoben ist, so dass der Hals etwas schräg von
oben und vorne nach unten und hinten steht, ist die
Form auffallend cylindrisch, indem der Umfang am oberen
und am unteren Ende wenig verschieden ist. Man muss
dabei die Concession machen, dass der Durchmesser von
vorne nach hinten den Que1'dtirclimesser_an Länge etwas
übertreffe.
Bei der Auswahl von Modellen gilt folgende Bauern-
regel: Wenn der Hals dünn ist und zugleich drehrund,
so ist er schön, wenn er drehrund und dabei dickiiigt,
S0 kann er sehr hässlich sein, und noch hässlicher kann
er sein, wenn er dünn und dabei nicht drehrund ist. Wenn
er nämlich dick ist, so kann er seine drehrundc Form
übermässigei" F ettablagertlng verdanken, und wenn er dünn
und nicht drehrund ist, so kann dies von grosser Mager-
keit herrühren. Diese Regel Weist natürlich den Künstler
nicht an, den Halslbeliebig dünn und drehrund zu machen,
sondern sie gilt nur für die Auswahl von Modellen. Bei
diesen hat die Natur schon selbst dafür gesorgt, dass die
Grenzen eingehalten sind, welche der Künstler zu respec-
tieren hat.
Es wird bisweilen gelehrt, der Umfang des Halses
solle dem grössten Umfange der XVade gleichkornmen,
aber dies ist unrichtig. Er bleibt, wenn der Hals rein,
d. h. geschwulstfreiä) ist, an Gestalten mit kräiftig ent-
wickelter Muskulatur mehr oder weniger hinter dem Wa-
denumfange zurück. An der schlafenden Ariadne des vati-
canischen Museums ist, nach dem Augenmasse zu urtheilen,
der Hals wenig dicker als der Oberarm. Das, was der
Künstler hier geschaffen hat, Weicht freilich ab von dem,
Schwellungen der Schilddrüse und Ausdehnung der tiefliegenden
Venen des Halses sind in manchen Gegenden überaus häufig und können
dem Laien leicht verborgen bleiben.