Theile der Lippen muss nicht blos durch die Farbe, son-
dern auch durch die Form schon deutlich hervortreten.
Ein Modell, bei dem dies nicht der Fall ist, bei dem sich
zwar Haut und Lippenroth durch die Farbe scharf von
einander trennen, aber das Relief des Mundes undeutlich
oder unschön ist, ist für den Bildhauer unbrauchbar und
für den Maler wenig günstig.
Die Lippen des geschlossenen Mundes müssen in
ihrer ganzen Länge von einem Mundwinkel bis zum an-
deren so aneinandergelegt sein, dass sich die "Trennungs-
linie durch tiefen Schatten markiert. Der Bildhauer wird
oft in der Lage sein, die Rinne zu vertiefen, um die
Trennungslinie zu verschärfen. Theils zu diesem Zwecke,
theils des Ausdruckes halber, haben schon die Bildhauer
des Alterthums den Mund oft leicht geöffnet. Die Linie
des geschlossenen Mundes muss zwei einander entgegen-
laufende Wellen bilden, die sich in der Mitte mit abstei-
genden Aesten treffen. Der Knick, der hiedurch entsteht,
kann mehr oder weniger abgerundet werden. In der Form
der Welle findet manche Verschiedenheit statt; da, wo
sich aber die Welle gar nicht findet, sondern nur ein
Bogen oder ein gerader Strich, da ist der Mund für den
Bildhauer nicht brauchbar. Der leicht geöffnete Mund muss
seitlich nicht in spitze XVinkel ausgehen, sondern er muss
jederseits durch eine von oben und innen nach unten
und aussen verlaufende Linie begrenzt sein.
Es ist bekannt, dass bei manchen Antiken die Ohren
höher angesetzt sind, als dies bei Lebenden gewöhnlich
ist. Man hat dies als Zeugnis für die Abstammung der
griechischen Kunst von der ägyptischen zu verwerten
gesucht, aber C. Langer (nAnatomie der ausseren Formen
des menschlichen Körpersa, NVien 1884) bemerkt bereits
mit Recht, dass diese Erscheinung bei den archaischen
XVerken keineswegs allgemein ist und dass gerade bei
einem der bekanntesten, dem Apollo von Tenea, die
Ohren correct angesetzt sind.