sich die Jagdhunde, vor sich einen Faun, Feldfrüchte
tragend. Hier ist das, was an dem Modell plump, ja ab-
stosscnd sein musste, nicht gezeigt; die Linien sind in
Rücksicht auf den Gegenstand und die Umgebung untadel-
haft, ja man kann ihnen einen gewissen Schwung, eine
gewisse Grösse nicht absprechen. Aber der Erfolg recht-
fertigt nur den Künstler, nicht das Modell. Niemand Ver-
stand es so wie Michel Angelo Buonarroti durch an
und für sich nicht vorwurfsfreie Gestalten gewaltige und
wunderbar harmonische Wirkungen hervorzubringcn Ver-
möge der Art, wie er sie stellte oder lagerte, und vermöge
der Art, wie er ihre Linien führte. Für ihn kam nur die
Gestalt in Betracht, wie er sie darstellte; wie sie sich in
irgend einer anderen Stellung ausgenommen haben würde,
war für ihn gleichgiltig. Deshalb, und nicht allein wegen des
nothwendigen Misscrfolges im grossen und ganzen, wurde
schwächeren Künstlern die Neigung, Michel An gelo nach-
zuahmen oder gar zu überbieten, so verderblich. Anders
verhalt es sich mit den Antiken. Die Bildhauer des Alter-
thums suchten die schönste Venus, den schönsten Apoll,
die schönste juno, die schönste Minerva hervorzubringen.
Die Venus von Milo und die Medicäerin könnte man
lagern, wie die Ariadne gelagert ist, und sie würden die-
selben Schönheiten bleiben; die hockende Venus könnte
man aufrichten, ohne ihr Abbruch zu thün; ja ihre nackten
Gestalten sind manchmal wie absichtlich in Stellungen
gebracht, Welche UnDElChSlChtllCh tadellose Schönheit er-
heischen.
Da dem Künstler das Feld der Anatomie nicht fremd
ist, so habe ich der Kritik der äusseren Formen, soweit
es mir nützlich schien, anatomische Erörterungen hinzu-
gefügt. Bei uns, die wir nicht mehr in der Lage sind, uns
durch tägliche und stündliche Anschauung die Formen
einzuprägen, muss das anatomische Verständnis uns den
XVcg weisen unter den vielgestaltigen Bildungen, mit denen
wir es zu thun haben. Wenn der Anatom finden sollte,