Volltext: Schönheit und Fehler der menschlichen Gestalt

136 
jahresausstellung des Wiener Künstlerhauses von 1884 
befand sich eine überlebensgrosse Gypsgruppe, deren weib- 
liche Figur, obgleich sie durch ihre Schönheit Wirken 
sollte, diesen Fehler in auffälliger XVeise zeigte. 
Der Realismus rechtfertigt ihn, weil man ihn in der 
Wirklichkeit in der That sehr häufig sieht, und auch bei 
sonst durchaus wohlgestalteten Menschen durch die Con- 
traction des Spanners der grossen Schenkelbinde der äussere 
Contour des Oberschenkels flach und schwunglos wird. 
Der Holzschnitt (Fig. 28) ist getreu nach der Photo- 
graphie eines ausgezeichneten akademischen Modells an- 
gefertigt. Aber die Linie ist gelegentlich doch so schlecht, 
dass man sie vermeiden muss. Am besten bleibt sie bei 
Individuen, deren Oberschenkel in ihrem mittleren Theile 
eher nach aussen als nach innen gekrümmt sind, und bei 
denen der Rollhügel wenig hervorragt, wenn sie dabei 
eine gut entwickelte Musculatur haben und das Fett des 
Oberschenkels so vertheilt ist, dass es die Rundung des 
äusseren Contours vermehrt. 
Wenn das Modell diesen Fehler zeigt und man (las- 
selbe nicht wechseln will, so muss man suchen, wenn es 
die Action sonst zulässt, auf der Seite des Spielbeines mehr 
Stütze zu geben und dadurch eine günstigere Conüguration 
zu erzielen. In der Praxis scheuen sich auch die Künstler 
nicht, in solchen Fällen einfach nach dem Gefühle zu 
corrigieren. 
Ein häufiger Fehler der Modelle, Männer und XVeiber, 
sind dicke Knie. Sie sind sehr hässlich, und so oft sie auch 
bei sonst Wohlgestalteten Individuen vorkommen, so soll 
sich der Künstler doch nie verführen lassen, sie nach- 
zumachen. Die griechischen und römischen Bildhauer ver- 
meiden sie sorgfältig. Selbst der farnesische Herkules, 
gewiss die plumpste Figur, die das Alterthum uns hinter- 
lassen hat, hat keine dicken Knie. 
Die Ursache dicker Knie ist zunächst ein grober 
Knochenbau und damit verbundene grössere Dicke der 
dem 
Gefühle 
ZU
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.