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als 0b Oberschenkel und Unterschenkel nicht richtig auf-
einander ständen, der Oberschenkel zu weit nach vorne,
der Unterschenkel zu weit nach rückwärts. Sie kommen
vor bei geringer Beckenneigung, stark entwickelter Museu-
latur und mit ihrer Convexität nach vorne gewendeten
Oberschenkelknochen. Der Einfluss der letzteren ist klar,
die starke Musculatur wirkt durch die starke Ausladung,
welche die Strecker des Kniegelenkes einerseits und die
Wadenmuskeln andererseits bedingen. Die geringe Becken-
neigung kommt insofern in Betracht, als bei derselben der
rückwärtige Contour des Oberschenkels mehr gegen den
der Wade zurücktritt, als dies bei starker Beckenneigung
der Fall ist. Solche Beine sind unschön, sie können aber
bei gedrungenen, kräftigen Männergestalten charakteristisch
wirken. Betrachten wir jetzt die Ansicht von vorne.
Man nimmt an, dass bei einem aufrecht und mit
geschlossenen Beinen und Füssen stehenden Menschen
beide Beine sich viermal berühren sollen, und zwar: I. in
der oberen Partie der Oberschenkel, 2. zwischen den
Knien oder, genauer gesagt, zwischen den inneren Con-
dylen der beiden Oberschenkelbeine, 3. mit den stärk-
sten Ausladungen der Waden nach innen, 4. mit den
inneren Knöcheln.
Schadow hat alle in seinem nPolykletu in dieser
Stellung vorkommenden Figuren so gezeichnet. Diese
Regel kann auch als richtig angesehen werden, zunächst
für den weiblichen Körper; nur ist hinzuzufügen dass bei
kräftigen und einigermassen fettreichen Schenkeln, auch
die Oberschenkel in ihrer ganzen Länge oder doch nahe-
zu in ihrer ganzen Länge einander berühren können, ohne
dass dies als ein Fehler anzusehen ist. Es ist sogar nicht
unwahrscheinlich, dass dies bei der Heischgeivordenen
medicäischen Venus der Fall sein würde. Schadow, der
sie, nach den Massen aufgerichtet, in besagter Haltung
dargestellt hat, zeichnet sie nicht so; aber der untere
Theil der Oberschenkel erscheint mir schlanker als im