Volltext: Schönheit und Fehler der menschlichen Gestalt

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lebenden Modelle hätte gearbeitet sein können. Der eben- 
so meisterhaft und naturalistisch gearbeitete, als wider- 
wärtige Ganymed der Ufficien zeigt sie auch nichti). Ausser- 
dem kommen Uebergänge vor zwischen beiden Extremen. 
.An einigen Antiken ist auch ausser dem typischen 
Schnitt die natürliche Beckenlinie zu verfolgen und beide 
sind durch eine Abdachung von einander getrennt. 
So kam ich aus den Zweifeln nicht heraus, bis ich 
durch die Gefälligkeit des ausgezeichneten Bildhauers C av. 
Augusto Felici in Venedig Gelegenheit hatte, einen 
kräftigen jungen Mann, der ihm als Modell diente, zu sehen. 
Bei diesem trat der antike Schnitt ganz deutlich und unver- 
kennbar hervor. Hier erhoben sich zunächst auf und über 
dem Darmbeinkamme und mit demselben die Flanken so, 
dass nicht oberhalb, sondern unterhalb des Darmbein- 
kammes eine Einsenkung entstand. Die Hervorwölbung 
rührte nicht von der keineswegs starken Fettdecke allein 
her. Indern ich die Haut nach aufwärts anspannte, konnte 
ich den Darmbeinkamm als wesentlichen Bestandtheil der 
Hervorwölbung fühlen. Von dort erstreckte sie sich nach 
oben in die sogenannte Weichengegend, indem die hier 
unter der Haut und dem Fette lagernden Bauchmuskeln 
sich an den Darmbeinkamm anheften. 
Die untere Begrenzung der Hervorwölbung bildete 
den queren, äusseren (lateralen) Ast der antiken Becken- 
linie. Er lief beträchtlich unter dem Darnibeinkamme und 
Weniger absteigend als dieser nach vorne und gieng dann 
plötzlich mit einem Knick in den inneren (medialen), ab- 
steigenden Ast der genannten Linie über. Der ganze Ver- 
lauf war dem der Beckenlinie des Apoll vom Belvedere 
'35) Der Gauymed von Florenz ist bekanntlich als Torso gefunden. 
läenvenuto Cellini ergänzte Kogf, Arme, Fiisse, Basis und Adler, es 
ist aber kein Verdacht, dass er an der Beckengegend irgend etwas ver- 
ändert habe. Der Mangel der typischen Beckenlinie ist vielleicht auf das 
jugendliche Alter des Modells zurückzuführen, obgleich sie an anderen 
Antiken auch bei der Darstellung ähnlich jugendlicher Gestalten vorkommt.
	        
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