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Nic. Poussin zeigt, welches man die narkadischen Hirtenu
benennt. Bei zu grossei" Beckenneigung schiebt sich nämlich
statt des Beckens der Bauch nach vorne und im Rücken
bemerkt man eine entsprechend starke Einsenkung über
dem Kreuzbeine in der Gegend der Lenclenwirbel.
Bei zu geringer Beckenneigung schiebt sich das
Becken in unschöner Weise vor, und Rumpf und Schenkel
machen einen auffälligen Winkel mit einander. Aber dieser
Fehler ist viel seltener. Eine zu starke Beckenncigung
verschlechtert auch den unteren Theil des Rückens, indem
sie das Kreuzbein zu stark vorspringen lässt, Während
eine zu geringe ihn dadurch verschlechtern kann, dass sie
ihn flach erscheinen lässt.
Die typische antike Beckenlinie ist an männlichen
Figuren von der Art, dass man zunächst glauben muss,
man habe ein schwach geneigtes Becken vor sich mit vorne
ungewöhnlich weit nach innen reichendem Darmbeinkamme.
Dass die Beckenneigung gering sei, dafür spricht in der
Regel die Haltung der ganzen Figur. Wenn ferner der ein-
springende YVinkel der Beckenlinie, wie man dies sogleich
vermuthet, vom vorderen oberen Darmbeinstachel herrührt,
so muss die ganze Schaufel des Darmbeines weniger nach
unten und aussen gestellt sein als bei uns, mehr nach oben
und innen gewendet; dass es aber nicht nur menschliche
Becken gegeben habe, die so weit von der jetzigen Form
abwichen, sondern dass sie die gewöhnlichen waren, da-
für fehlt es uns an Beweismitteln.
Ich habe unter den aus dem Alterthume herrührenden
Knochen, die mir zu Gesichte gekommen sind, es waren
freilich nur italische, keine griechische, keine Becken-
schailfel gefunden, welche für diesen Bau gesprochen hätte.
Unter den Skeletten der Necropolis Felsinea. zeigte
nur Eines eine etwas stärkere Krümmung des Darmbein-
kammes nach vorne und innen, als sie jetzt vorzukommen
pflegt, aber nicht eine so starke, wie sie der antike Schnitt
bei besagter Deutung voraussetzen würde.