Einleitung.
Die folgenden Blätter schreibe ich für Künstler und
für Kunstfreunde; für erstere, um sie auf manches auf-
merksam zu machen, was sie, wie die Erfahrung lehrt, oft
übersehen; für letztere, um sie in eine Art der Kunst-
betrachtung einzuführen, welche nicht die gewöhnliche der
Kunstfreunde und welche doch unerlässlich ist für das
Verständnis der Werke bildender Kunst und für ihre meri-
torische Beurtheiluug. Alles, mit Ausnahme eines Theiles
der lebenden Künstler, ist einig darüber, dass die bildenden
Künste von ihrer früheren Höhe herabgesunken sind, die
Malerei noch mehr als die Plastik. Nirgends sieht man dies
deutlicher als in der grossen Schatzkammer der Kunst,
in Italien. Man kann hier die Geschichte der Malerei in
vier Zeiträume abtheilen: in den der erwachenden Kunst,
in welchem die Maler hohen Idealen nachstrebten, aber
noch wenig machen konnten; in die Glanzperiode, in der
die Virtuosität in der Ausführung dem Adel der Ideale
entsprach; in die Periode des Verfalles, in der die Ideale
nichts mehr wert waren, die Maler aber noch sehr viel
machen konnten; endlich in eine vierte, unbenannte Periode,
in der die Ideale nichts mehr wert Waren und die Maler
auch
nichts
mehr
machen
konnten.
Und sind die Italiener an Begabung nicht noch die-
selben, die sie im I5. und 16. Jahrhundert waren? Erkennt
Schön.