Volltext: Plastische Anatomie des menschlichen Körpers

Dritter 
Abschnitt. 
Entwickelung des Haarkleides sogar zu der Vermutung führten, in ihren Adern 
ströme neben Menschenblut auch noch dasjenige eines Anthropoiden. Allein es ist 
zu bedenken, daß ein Haarkleid feinster Art bei dem Embryo den ganzen Körper 
bedeckt, und daß eine Hypertrichosis leicht entstehen könne durch exzessives Wachs- 
tum der schon vorhandenen Anlagen. Auf solche Art erklärt sich ferner ungezwungen 
der Haarbüschel am Eingang in den Gehörgang. Diese Haare erhielten wohl wegen 
ihrer Steifheit den Namen Bockshaare (Hirc-ijß  
Die in den NasenöEnungen sichtbaren Haare ( Vibrissae) ragen zumeist nach 
abwärts gegen die Oberlippe und werden im Alter und überhaupt bei Männern länger 
gefunden als bei Weibern.  Schnurrbart und Vollbart sind in der Regel nur Attri- 
bute des starken Geschlechtes. Die Haare stehen in Linien, welche nie gerade, 
sondern gebogen und zwar auf beiden Körperseiten symmetrisch verlaufen und zu- 
sammen jene Figuren bilden, welche als Haarströme oder Haarwirbel bezeichnet 
werden. Diese sind um so leichter zu verfolgen, als die Richtung der Haare nie 
senkrecht auf der Hautobertläehe steht, sondern schief, weil die Haar-wurzeln schief 
in der Outis stecken.  
Über Haare am Kreuzbein (Sacraltrichose) siehe ORNSTEIN, Chefarzt in der grie- 
chischen Armee, in der Zeitschrift für Ethnologie, Bd. IX 1877, XII 1880. R. Vmcnow, 
Archiv für pathologische Anatomie. Bd. 72 u. 79. J. RANKE, Der Mensch. 2. AuH. 
Leipzig u. Wien 1894. S. 175 u. ff, mit Abbildungen der Kreuzbeinbehaarung nach 
ORNSTEIN und nach R. Vmcuow. Dort auch die Köpfe verschiedener Haarmenschen. 
Dritter 
Abschnitt. 
Spezielle 
Knochenlehre. 
Der 
knöcherne 
Kopf 
Allgemeine Eigenschaften des Schädels. Der Kopf ohne Fleisch, 
Haut und Haar heißt Schädel (Clraniunz); er ist der Träger des Gehirns 
und der wichtigsten Sinnesorgane, das Eingangsthor für Luft und 
Nahrung; er übertrifft alle anderen Teile des Skelets an Vollständigkeit 
und dadurch auch an Mannigfaltigkeit des Baues: vollständig, nahezu 
das ganze Haupt ist durch seine Linien vorgezeichnet; mannigfaltig: mit 
1 Hirci heißen auch die Achselhaare. Die Römer nannten letztere pili alarmn 
und den Sklaven, welcher sie auszurupfen hatte, alipüus; sie waren Feinde des un- 
angenehmen Geruches, der sich nicht in dem Grade entwickeln kann, wenn die Haare 
entfernt sind, welche wie ein Schwamm das Produkt der Achseldrüsen aufspeichern. 
Die bekannte, nicht wohlriechende Atmosphäre des Bockes ließ auch den penetranten 
Geruch des Achselschweißes als kirousbekannt werden. Ein schmutziger, unreiner 
Kerl erscheint im PLAUTUS als kircus. Hircoswas heißt ein Mensch, welcher einen 
stark riechenden Achselschweiß absondert. Eine ähnliche Bezeichnung fehlt im 
Deutschen, obwohl die Erscheinung häufig genug vorkommt, trotz des übermangan- 
sauren Kali oder der Salicylsäure, die so vortreffliche Gegenmittel sind. 
	        
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