Volltext: Plastische Anatomie des menschlichen Körpers

anders, wenn im Tempo die gleichen Beine belastet werden, dann bewegt 
sich der Rumpf in beiden Körpern gleichzeitig nach rechts und nach 
links, je nachdem das rechte oder das linke Bein gerade in Ülhätigkeit 
ist. Am vollendetsten kann man sich von den einzelnen Tempi des 
Ganges, dem Erheben des Körpers und den abwechselnden Lageverände- 
rungen des Schwerpunktes nach rechts und links, an einem vorbei- 
marschierenden Bataillon überzeugen. Bei dem gleichen Tempo und dem 
leichen Schritt sieht man die Spitzen der Bajonette und der Helme der 
ganzen Schar abwechselnd nach rechts und links sich bewegen, je nach- 
dem das rechte oder linke Bein in Thätigkeit ist. 
Die gerade Haltung des Körpers ist bei dem ruhigen Gange nicht 
wesentlich verändert, aber sie wird sofort eine andere auf der schiefen 
Ebene, weil dadurch der Schwerpunkt verschoben wird. Denn ist der 
Boden geneigt, so steht der Schwerpunkt unter dem Einiiuß zweier Kräfte. 
Die eine drückt ihn gegen die Erde, die andere sucht ihn längs jener 
Ebene herabzutreiben. Schreiten wir bergauf oder bergab, so müssen wir 
den Körper stark neigen, so daß die Schwerlinie vor oder hinter das 
stehende Bein fällt.  
Die Treppe ist nur eine andere Form der schiefen Ebene, von Stufe 
zu Stufe durch eine horizontale Fläche unterbrochen. Steigt man Treppen 
rasch hinauf und herab, so muß der Körper in eine ähnliche Stellung 
gebracht werden, wie bei dem Gehen auf der schiefen Ebene eines Berges. 
Nur dann wird sich dieses Gesetz in der Erscheinung des Schreitenden 
nicht vollständig scharf ausprägen, wenn er langsam oder gravitätisch 
hinanschreitet. In diesem Falle hebt man bei jeder Stufe den Körper 
durch das Strecken des mit gebogenen Gelenken aufgestützten Beines. 
Ruht der Fuß auf der nächst höheren Stufe, so kann der Rumpf erst 
dann gehoben werden, wenn der Schwerpunkt senkrecht über den höher- 
gestellten Fuß gebracht ist. Durch die Untersuchung des Ganges wurde 
festgestellt, daß das unbelastete Bein nach den Gesetzen eines freihängen- 
den Pendels an dem emporgehobenen Rumpfe nach vorn schwingt. Durch 
das Erheben erhält das in der Hüftpfanne befestigte Bein Raum, die 
Pendelschwingung nach vorn auszuführen. Gleichzeitig wird die Länge 
desselben durch eine Beugung im Kniegelenke in geringem Maße ver- 
kürzt. Der Beweis nun, daß die Schwingungen des Beines in die Reihe 
der Pendelschwingungen gehören, liegt zunächst darin, daß die Schwingungs- 
zeit des lebenden und toten Beines genau übereinstimmt, und zwar gerade 
soviel beträgt, als die eines Pendels von der Länge desselben und der 
ihm zukommenden Massenverteilung. Die Lange des natürlichen Schrittes 
bei dem ruhigen Gange ist demnach nicht Sache der Willkür, sondern 
die Folge eines physikalischen Gesetzes, das die Größe einer Schwingung 
abhängig macht von der Pendellänge. Je kürzer die Beine, desto rascher 
die Schwingungen (siehe S. 180). Dies a.lles gilt jedoch nur für den 
Konmmnn, Plastische Anatomie. II. Aufl. 33
	        
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