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Zweiter Teil.
Erster Abschnitt.
Anatomie
Weibes.
des
Über die Lange der ersten und zweiten Zehe sind die Meinungen
verschieden. Einige behaupten, daß die erste, andere, daß die zweite
Zehe am meisten nach vorn hervorrage. Es ist bekannt, daß an den
Antiken die zweite Zehe länger zu sein pflegt. Die größere Länge der
zweiten Zehe am Lebenden betragt nur 2-4 Millimeter, allein dies genügt,
um den deutlichen Unterschied zwischen den benachbarten Zehen hervor-
treten zu lassen. Die zweite Zehe noch langer zu machen, wurde unschön
wirken. Die Untersuchungen haben ergeben, daß die zweite Zehe bald
langer ist als die erste, bald kürzer. Von der Fußbekleidung hängt die
Verkürzung entschieden nicht ab, das zeigen die Füße der Naturvölker,
die niemals von Schuhwerk geplagt werden. Wenn die Antike die zweite
Zehe ausnahmslos langer darstellte, so geschah es wahrscheinlich deshalb,
weil die gebrochene Linie des vorderen Fußrandes dadurch abwechselnder
wird. Zu den Fehlern, welche durch das Schuhwerk hervorgerufen werden,
gehört die Ablenkung der großen Zehe gegen die Mittellinie des Fußes
und das damit zusammenhängende knorrige Hervorragen des Gelenkes,
welches die große Zehe mit dem Mittelfuße verbindet; ferner Zusammen-
drangung der Zehen überhaupt und Verkrümmung der letzten, bisweilen
auch der vorletzten Zehe. Überhaupt sind die Füße vielen mechanischen
und krankhaften Insulten ausgesetzt und es wird behauptet, daß für
keinen Körperteil so wenig gute Modelle gefunden werden, als für den Fuß.
Die Größe der Brüste unterliegt zahllosen Verschiedenheiten. Klein, prall und
halbkugelig um den Eintritt der Geschlechtsreife, beginnen sie bei Schwangeren zu
strotzen und werden hängend durch die Schwere. Bei alten Frauen werden sie nach
dem Verlust des Fettes schlaff, knotig und faltig. Durch ihr eigenes Gewicht und
durch absichtliches Ziehen können sie so lang werden, daß die Weiber der Indianer
sie über oder unter der Schulter ihren Säuglingen reichen können, welche sie auf
dem Rücken tragen. Bei den Römern galten große Brüste für keine Schönheit.
Unter den europäischen Frauen sollen die Portugiesinnen die größten, die Oasti
lianerinnen die kleinsten Brüste haben. Nach Rum-zus nackten, weiblichen Figuren
zu schließen, dürften die Niederländerinnen im Luxus der Brüste mit den Portugie-
sinnen wetteifern. Was den Brüsten ihre Größe und Rundung verleiht, ist nicht
allein das drüsige Organ, sondern auch das Fett, das die Drüse bedeckt und zwischen
die Hauptlappen der Drüse eindringt. Das Fett ist es, das der aus mehreren Lappen
bestehenden und deshalb unebenenBrustdrüse die glatte Halbkugelform giebt. An
der Warze und ihrem Hof findet sich niemals Fett.
Litteratur. Smnz a. a. O. Über die Rassenverschiedenheiten der Frau
siehe Pnoss u. BARTELS, Das Weib. 6. Aufl. Leipzig 1899. P. MANTEGAZZA, Die
Hygiene der Schönheit. Königsberg. Über die Geschlechtsverschiedenheiten des
Brustbeines: Tn. DWIGI-IT, Journal of Anatomy and Phys. 1890. V01. XXIV.
PETERMÖLLER, Dissertation, Kiel 1890. Siehe daselbst auch Litteratur. W. PFITZNER,
Das menschliche Extremitäten-Skelet in: Morphologische Arbeiten, herausgegeben von
G. SCHWALBE, Bd. 1. Jena 1891. Im Elsaß ist die große Zehe bei dem männlichen
Geschlecht in der Regel länger als die zweite.