Zweiter
Teil.
Erster
Abschnitt.
Anatomie
des
Weibes.
Die Anatomie des Weibes beschreibt die unterscheidenden Merkmale
im Vergleich zu denen des Mannes. Die physiologische Rolle, welche
dem Weibe von der Schöpfung zugewiesen ist, bedingt die Änderung ein-
zelner Organe; dadurch erhält nicht nur die ganze Gestalt ein charakte-
ristisches Geprage, auch die geistige Sphäre wird beeinfiußt. Vieler
körperlicher Unterschiede ist schon gedacht worden; ich beschränke mich
auf eine kurze Charakteristik, die nur die wichtigsten Merkmale hervor-
hebt. Die nachfolgenden Figuren sollen nicht die schönste Europäerin
verkörpern, sondern gutgeformte, jugendliche Wesen vor Augen führen,
um die Unterschiede zwischen Mann und Frau besser zu illustrieren, als
Worte es vermögen. Es giebt wohl kein Weib, das in seinem Körper
alle Schönheiten ihres Geschlechtes vereinigte, das sagen alle seit den
ältesten Zeiten. Wird doch berichtet, daß Zeuxis zur "Darstellung der
Helena die verschiedenen Reize der schönsten Mädchen von Croton ver-
einigt habe. Jedem Künstler von heute würde es wohl noch ebenso er-
gehen, wenn er eine Venus oder eine Helena der Neuzeit darstellen sollte.
Was folgt, sind nicht Jungfrauen, die eben erst aufblühen, sondern voll
entfaltete Wesen, die eine mit manchem edlen Zug in der Gestalt, die andere
in den Figuren 228 und 229 nicht ohne Anmut in Form und Bewegung.
Die Frau ist kleiner, zarter, aber auch weicher, schwungvoller in den
Formen und zwar an allen Teilen des Körpers: an Brüsten, Hüften,
Schenkeln und Waden. Keine Linie verläuft bei ihr kurz, scharf, eckig;
alle schwellen oder wölben sich in weichen Bogen. Der Hals kann dabei
wegen des geringeren Umfanges langer und schlanker als der des Mannes
erscheinen. Der Hals und die gerundeten Schultern, sind in geschwungenen
Linien miteinander verbunden, während bei dem Mann der Hals mehr
viereckig an den Schultern sitzt. Der schlankere, schmalere Oberkörper