des Rumpfes.
Muskeln
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Drei Centimeter von der Schamfuge entfernt befindet sich in der Aponeurose
des äußeren schiefen Bauchmuskels eine dreieckige schräge nach außen und oben
geschlitzte Öffnung, der Leistenring. Er ist die äußere Öffnung eines Kanales,
der die ganze Dicke der Bauchwand schief durchsetzt, um nach einem Verlaufe von
4 cm in die Bauchhöhle einzumiinden. Durch den Leistenkanal tritt bei den
Männern der Samenstrang, bei den Weibern das runde Gebäirmutterband aus der
Bauchhöhle hervor. Zwischen der achten (untersten) Zacke des äußeren schiefen
Bauchmuskels und dem breitesten Rückenmuskel, in dem Raum zwischen der letzten
Rippe und dem Hüftbeinkamm, zeigt sich eine kleine Lücke, an welcher man nach
der Wegnahme der Haut sofort auf eine tiefere Schichte der Bauchwand gelangt,
welche von dem inneren schiefen Bauchmuskel gebildet wird. Diese Lücke ist läng-
lich und verschieden groß; sie hilft zur Modellierung der Lendengegend, Welche später
besprochen werden soll, denn die Spalte zwischen den beiden Muskeln bedingt eine
leichte Einsenkung der Haut.
Der innere schiefe Bauchmuskel (M. obliquus abdmninis internus,
Fig. 172 Nr. 15) ist von dem äußeren schiefen Bauchmuskel vollständig
bedeckt. Das Interesse der plastischen Anatomie ist deshalb an diesem
tiefliegenden Muskel nicht sehr groß, dennoch verdienen einige That-
sachen Erwähnung. Der Ursprung findet von dem vorderen oberen
Darmbeinstachel und der zunächst liegenden Partie des Leistenbandes
statt, und ferner von der mittleren Lefze des Hüftbeinkammes (Fig. 172).
Der Verlauf der ansehnlichen Muskelplatte ist in ihrem hinteren Ab-
schnitt direkt nach aufwärts gegen den Brustkorb gerichtet; die Muskel-
bündel des mittleren" Abschnittes ziehen facherförmig nach innen und
oben zur vorderen Bauchwand, die untersten, welche von dem Leisten-
band entspringen, senken sich gegen den Leistenring hin. Der Ansatz
erfolgt, entsprechend dem radienförmig sich ausbreitenden Verlauf, an
verschiedenen Stellen: 1) an den drei letzten Rippen, 2) im Bereich der
weißen Bauchlinie und zwar dadurch, daß die noch übrige Muskelplatte
in eine breite Sehne übergeht, noch ehe sie den äußeren Rand des geraden
Bauchmuskels erreicht. Diese breite Sehne oder Aponeurose zieht mit
dem größten Teil ihrer Fasern über die Vorderiiache des geraden Bauch-
muskels hinweg und verweht sich in der weißen Bauchlinie mit der Sehne
der gegenüberliegenden Körperseite.
Bei diesem Verlauf erreicht die Sehne auch das vordere Ende des Brustkorbes,
und wo dieses der Fall ist, verwachsen ihre Fasern mit dem Überzug der Rippen-
knorpel. Diejenigen Abteilungen der Sehne, welche dicht an dem Leistenband ver-
laufen, verweben ihre Fasern mit denjenigen dieses Bandes. Von den dort herab-
ziehenden Muskelbündeln brechen einige aus der den übrigen angewiesenen Bahn
aus und folgen dem Samenstrang, schlingenförmig denselben samt dem Hoden
umgreifend. Diese Muskelschlingen gelangen, eng dem Samenstrang anliegend, bis
in den Hodensack, und stellen in ihrer Gesamtheit den Hebemuskel des Hodens
(Musßulus cremaster) dar. Durch die Zusammenziehung dieses Hebemuskels, die
regelmäßig unter dem Eini-luß der Kälte (z. B. beim Baden) erfolgt, wird der Hode
bis an das Leistenband in die Höhe gehoben. Aus der Figur 172 ist ersichtlich, daß
die Fleischbündel des inneren schiefen Bauchmuskels nicht alle gleich weit gegen
die Mittellinie des Körpers vordringen. Diejenigen, welche von dem vorderen oberen