sie dürfen schon darum nicht übersehen werden, weil ja durch dieses Ge-
lenk die Verbindung mit dem Schulterblatt hergestellt wird. Dabei ist
das akromiale Gelenk bei der ruhigen aufrechten Haltung völlig entlastet;
das starke Band, das von dem Rabenfortsatz zu dem Schlüsselbein ver-
lauft (Ligamevztum cüracoclaviculare), trägt allein die Last des im Schulter-
gelenk hängenden Armes.
Der große Brustmuskel (M. pectoralis major, Fig. 166) bedeckt den
größten Teil der Vorderfläche der Brust. Er entspringt vom Schlüsselbein
(Fig. 166 Nr. 2), von der ganzen Vorderfläche des Brustbeines herab bis
zu dem Ansatz des sechsten Rippenknorpels. Je naher seine Ursprungs-
bündel gegen diese Rippenknorpel gelangen, desto weiter entfernen sie
sich von der Mittellinie des Brustbeines. Unterhalb der sechsten Rippe
gesellt sich noch eine platte Ursprungszacke (Fig. 166 bei m), von der
Aponeurose des äußeren schiefen Bauchmuskels her, zu ihnen. Alle diese
Ursprungspartien ziehen zu dem Oberarmknochen, und befestigen sich
mit einer platten Sehne an der Knochenleiste, welche von dem großen
Höcker des Oberarmknochens herabkommt. Die Hauptmasse der Ansatz-
sehne wird von dem Deltamuskel überlagert. Der übrige Teil des Muskels
ist nur von der Haut und der Fascie bedeckt. Wirkung: Der Muskel
zieht den Arm an den Körper heran, wobei er sich verdickt. Bei auf-
gehobenem Arm ist er gedehnt und verlängert, also auch dünner im Ver-
gleich zu der Dicke, die er bei der ruhigen Haltung der oberen Glied-
maßen besitzt.
Von dem Deltamuskel wird der große Brustmuskel durch eine drei-
eckige, oben breite, unten spitzig verlaufende Spalte geschieden (Fig. 166 Nr. 5),
in welcher Fett und eine Vene liegt. Diese Vene, das obere Ende der
Kopfvene des Armes, schimmert bei Frauen bisweilen durch die zarte
Haut bläulich hindurch. Die Spalte verwandelt sich durch die darüber
hinziehende Haut und Fascie in eine kleine dreieckige Grube, die Unter-
schlüsselbeingrube, welche bei verschiedenen Stellungen des Armes
an Deutlichkeit ab- und zunimmt. MICHELANGELO hat sie in der Skizze
Figur 165 bei Nr. 2 scharf markiert. Eine ähnliche dreieckige aber weniger
tiefe Furche findet sich zwischen dem Schlüsselbeinursprung des Muskels
und dem Brustbeinursprung desselben" (Fig. 166 Nr. 6). Dennoch kann
man auch diese Trennungsstelle der Ursprungsportionen wohl erkennen,
und so ünden wir denn auch die Furche in der Figur 165 angedeutet.
Der große Brustmuskel bildet vorzugsweise die vordere Wand der
Achselhöhle, was am besten bei aufgehobenem Arm zu sehen ist. Der
seitliche, zur Achselhöhle aufsteigende Rand ist dick, er läßt sich am
Lebenden umgreifen und von seiner Unterlage abziehen, denn er ist nur
durch lockeres Bindegewebe mir ihr verbunden, wie sich ja überhaupt
die Muskeln auf ihrer Unterlage verschieben und sich von ihr entfernen.
Konmmmt, Plastische Anatomie. I1. Auß. 22