Kopfes.
des
Muskeln
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nicht allein die außeren Muskeln des Antlitzes erregt, sondern selbst ver-
borgene der Bewegung dienende Kräfte gleichzeitig in Thätigkeit versetzt
werden. Die ebengenannten Bewegungen sind durch Willenseinfluß
herbeigeführt.
In die nämlichen Spannungen geraten dieselben Muskeln unwill-
kürlich bei Affekten freudloser, unangenehmer, trauriger oder schmerz-
licher Art. Der Kummer, die Sorge und die Scham schlagen die Augen
nieder, wie die Bescheidenheit, die nicht in den Vordergrund treten und
nicht auffallen will und die den Blicken, die ihr begegnen, entweichen
möchte. In allen diesen Aifekten, welche der großen Kategorie der
Ünlustaffekte angehören, verhalt sich das Auge und verhalt sich der
Mund, als handelte es sich um die Abwehr von Schadlichkeiten. Die
beiden muskulösen Hauptgruppen des Antlitzes wirken, wie unter dem
nämlichen Kommando stehend, gleichzeitig zusammen nach der langst
bekannten Regel, daß Muskelzusammenziehungen nicht immer auf die
bewegten Gruppen beschränkt bleiben, sondern auch unwillkürlich in an-
deren auftreten. Bei dem Heben schwerer Lasten geraten u. a. auch die
Antlitzmuskeln in Aufruhr, obwohl sie sich völlig zwecklos bei dieser
Anstrengung beteiligen.
Es giebt wenige Ausdrucksbewegungen, welche nur auf die Muskeln
des Mundes beschrankt bleiben. Eine derselben ist die Entschieden-
heit. Der Mund ist geschlossen, die Lippen etwas aneinandergepreßt,
ebenso wie die Zähne. Es ist eine ganz zutreffende Bemerkung DARWINS,
daß kein entschlossener Mensch einen oifenstehenden Mund zeige. Ein
Mund nur mit wenig rotem Lippenrand hat den Ausdruck der Entschieden-
heit in gesteigertem Grade.
Die Miene des Trotz es begleitet ebenfalls ein geschlossener Mund,
dabei folgen aber die äußeren Umhüllungen des Auges gleichzeitig der-
selben Regel, auf die soeben hingewiesen wurde, sie schließen sich näm-
lich in größerem oder geringerem Grad, wobei der Brauenrunzler in
Thatigkeit tritt. Trotz ist Widerstand, und schon der Entschluß hierzu
muß sich in diesen Muskelbündeln abspiegeln. Das Niederschlagen der
Augen, das Wegwenden des Blickes und des Kopfes stehen damit im
Einklang.
Derselben Regel unterliegen die Ausdrucksbewegungen der Schüch-
ternheit und der Scham. Das Auge deutet durch seine Bewegung die
Empfindung der Unlust an. Der Blick wendet sich zur Erde, die Lider
folgell- Das "Niederschlagen der Augen" ist die treffende Bezeichnung
für diese Gebarde. Dazu kommen eigentümliche verkehrte die innere
Unruhe charakterisierende Bewegungen namentlich der Finger, wie Zupfen
an den Kleidern, Betrachten der Fingerspitzen, Kauen der Nägel, dann
auch Bewegungen der Zehen, der Fußspitzen oder der Ferse (Bohren des
Fußes an der Erde).
KOLLMANN, Plastische Anatomie. II. Auü. 20