Muskeln
des Kopfes.
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mehrten Blutzufluß gereizte Gehirn wirkt auf die geistigen Fähigkeiten
zurück; es ziehen lebendige Ideen schneller durch die Seele, und die
Affekte werden wärmer. DARWIN giebt die Äußerung eines Kindes, das,
noch nicht ganz vier Jahre alt, gefragt wurde, was es heiße in guter
Stimmung sein: „Das heißt lachen, schwatzen und küssen". Es dürfte
schwierig sein, eine richtigere und praktischere Deünition zu geben.
Liebe, zärtliche Empfindungen und ähnliche Stimmungen un-
seres Innern sind auf dieselben Mittel des Ausdruckes angewiesen, und
bedingen dieselben Erscheinungen in dem ganzen Körper. Von der Freude
hat die Liebe die Röte der Wangen, den Glanz der Augen, den vollen
Puls und alle Zeichen der Heiterkeit und Fröhlichkeit in dem lächelnden
Antlitz. Sie ist die Gemütsbewegung der Lust mit vorwaltendem Streben,
den geliebten Gegenstand beständig gegenwärtig zu erhalten. Gleichviel
0b die sinnliche Liebe, die der Mutter, oder eine rein ästhetische Liebe,
z. B. zu einem Kunstwerk, in Betracht kommt, stets sind bei der Betrach-
tung desselben die Augen offen und frei, die Stirn geglättet, um den
vollen Lichteindruck zu empfangen. Verschieden ist nur die Zeitdauer,
nicht die Form des Ausdruckes. All' die eben angeführten Gemüts-
zustände, so verschiedene und feine Stufen auch denkbar sind, stimmen,
was ihren Ausdruck betrifft, darin überein, daß die Muskeln der oberen
Gesichtshälfte in eine Art der Spannung geraten, bei der das Auge frei
und offen daliegt. Die Änderungen in der unteren Gesichtshülfte folgen
mit zwingender Notwendigkeit demselben Reflex, der unwillkürlich auch
auf sie überspringt.
Verwandte Reflexbewegungen "zeigt
die Aufmerksamkeit: ein geöffnetes Auge und ein vollständig er-
hobenes Lid. Sobald sich dieser Zustand etwas verschärft, verbindet sich
damit leichtes Erheben der Augenbraue. Allein die Muskulatur des
Mundes bleibt noch in vollkommener Ruhe. Selbstverständlich
wendet sich der Kopf dem betrachteten Gegenstand zu. Es giebt jedoch
eine Aufmerksamkeit, bei der das Gehörorgan eine größere Rolle spielt
als das Auge. Dann wendet sich das Ohr dem Redner zu, während die
geöffneten Augen nach einer anderen Richtung unverwandt gerichtet sind,
als kämen die Schallwellen wie strahlendes Licht auch zu ihm. Dieselbe
Bewegung des Kopfes zeigt der Horchende, er sucht dem Ohr durch
das Anlegen der geöffneten Hand an die Ohrmuschel alle Schallwellen
zuzuführen. Die Augen sind weit geöffnet, und der ganze Körper ist nach
der Seite vorgebeugt, von der der Schall herkommt. Das Öffnen der
Augen wird, abgesehen von der unwillkürlichen Thätigkeit des Aufhebens
des Lides noch besonders durch die Zusammenziehung des Stirnmuskels
herbeigeführt. Der französische Forscher DUCHENNE hat ihn deshalb
Muskel der Aufmerksamkeit (Muscle de Pattention) genannt. Allein mit
diesem Namen ist nur das erste Glied einer ganzen Reihe von Reiiexen