Muskeln
des
Kopfes.
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Wie die verschiedenen Arten der Fixierung den Augen einen bestimmten
Ausdruck oder "Blick" geben, so giebt auch die verschiedene Art, wie
eine Fixierung vermieden wird, ebenso verschiedene, charakteristische
Arten des Blickes, namentlich anderen Personen gegenüber. Der Ge-
demütigte oder Beschamte vermeidet die gegenüberstehende Person,
vor der er sich zu scheuen hat, direkt zu fixieren. Er „kann ihr nicht
in die Augen sehen". Er richtet deswegen ohne einen Zweck der Fixie-
rung die Augen nach unten, womit sich ein leichtes Senken des oberen
Augenlides und auch wohl des ganzen Kopfes zu verbinden ptiegt.
Fixiert er auch dabei vielleicht einen bestimmten Gegenstand, etwa seine
Fingerspitzen, so erscheint dieses als ein mehr Zufalliges, denn das
Charakteristische seines Blickes bleibt doch immer das Vermeiden der
Fixierung der gegenüberstehenden Person. Einen anderen Blick zeigt,
wer dem ihm gegenüberstehenden ebenfalls nicht in die Augen sehen
darf aber sich nicht gebeugt fühlt. Auch er vermeidet die Fixierung
des anderen, wendet aber die Augen seitwärts, zugleich. etwa auch wohl
einen beliebigen Fixierungspunkt suchend. Es ist der Blick des ungebeug-
ten Trotzes, der sich aber noch nicht bis zum Widerstande steigeät;
es ist aber auch der Blick eines Menschen, der einen anderen nicht an-
sehen darf, etwa aus Furcht, sich durch seine Gebärden zu verraten oder
mit Lachen herauszuplatzen. Das Mienenspiel des übrigen Gesichtes
muß hier den Unterschied feststellen.
Die starke Neigung oder starke Konvergenz der Augen-
achsen ist notwendig für die Betrachtung ganz naher Objekte; die Hand
oder das Buch vor dem Gesicht treffen die nach innen gekehrten Augen.
In derselben Stellung befinden sie sich bei dem Schreibenden und bei
dem Geizigen, der in seinem Golde wühlt. Bei solchem Blick nach ab-
wärts ist immer gleichzeitig das obere Augenlid gesenkt. Rückt der
Gegenstand dicht vor die Augen, so kann die Konvergenz bis zum Schielen
fortschreiten. Der Zecher blickt auf den, an den Mund gesetzten Rand
des Bechers und schielt wie derjenige, der seine eigene Nasenspitze
betrachtet.
Wir reihen hier aus praktischen Gründen die Charakteristik des
toten Auges an, obwohl sie weder in das Kapitel des Blickes noch in
dasjenige der Ausdrucksbewegung überhaupt gehört.
Unterschied
des
Schlafenden
und
des
Toten.
Bei dem Schlafenden sind bekanntlich die Lider geschlossen, bei dem
Toten meist, jedoch nicht immer. Nehmen wir der leichteren Vergleichung
wegen an, das Auge des Toten sei geschlossen, so ist selbstverständlich,
daß bei der Unsichtbarkeit des Augapfels in beiden Fällen der wesentliche
Unterschied nur in der Form liegen kann, mit der die vordere Halb-