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Siebenter Abschnitt.
welcher das obere Lid gehoben wird und sich dabei teilweise unter die
Haut schiebt, ist folgende: Die Grundlage jedes Augenlides bildet eine
Knorpelplatte, der Lidknorpel, der entsprechend der vorderen Aug-
apfelfiache gewölbt ist. Er verdickt sich gegen den freien Rand des
Lides hin. Der Knorpel des oberen Lides übertrifft jenen des unteren
an Steifheit und Höhe. Beide sind an den entsprechenden Augenhöhlen-
rand durch starke, sehnenartige Fasern befestigt. Um das obere Lid zu
heben, kommt aus der Tiefe der Augenhöhle ein langer schmaler Muskel, der
Aufheber des oberen Lides (Levatorpalpebrae superioris, Fig. 132 Nr. 6)
hervor, der unter dem Dach der Augenhöhle über den Augapfel hinwegzieht
und sich von hinten her mit einer platten, fächerförmigen Sehne an den
oberen Rand des Lidknorpels befestigt. Verkürzt er sich, so muß der
Lidknorpel an der Vorderilache des Augapfels in die Höhe gleiten und
ein Teil des Lides sich unter den anderen Teil, wie unter einer Klappe
lßDeckfalte des oberen Lides
F19
143.
Auge
VOII
Seite
der
gesehen.
hineinschieben. Bei geöffnetem Auge besteht demnach jedes Lid aus
zwei Abteilungen, die bei genauerer anatomischer Untersuchung auch im
Innern verschieden sind. Der der Spalte zunächstliegende und nach der
Wölbung des Augapfels geformte Teil enthält die Knorpelplatte, ist derber
als der andere, an dem freien Rand mit Wimpern besetzt, und heißt der
Tarsalteil des Lidesl (Fig. 143 Nr. 1).
Der übrige Teil des Lides ist knorpellos, deckt den Augenhöhlen-
eingang zu und wird Deckfalte genannt. Die Hautfalte, welche durch
das Übereinanderschieben der beiden Lidabschnitte entsteht, heißt Lid-
falte (Fig. 143) und zwar giebt es eine obere und eine untere Falte
dieser Art. Die untere Lidfalte ist seichter als die obere und verliert
sich allmählich nach außen; das untere Lid ist überhaupt niedriger als
das obere.
1 Der Knorpel der Augenlider heißt Tarsus,
knorpel.
Tarsal-
daher auch die Bezeichnung: