Sechster
Abschnitt.
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Allgemeine
Übersicht.
Das rote Fleisch des menschlichen Körpers ist die Quelle der Be-
wegungen. Die Ortsveranderung sowohl der einzelnen Teile als des
ganzen Organismus ist nur möglich durch diese roten, blutdurchströmten
Massen, welche fast das ganze Skelet umgeben und nur einzelne Stellen
als harte Unterlage der Haut bei Mensch wie Tier zum Vorschein
kommen lassen. Dieses rote Fleisch zerfallt in kleinere abgegrenzte
Massen, die sogenannten Muskeln, welche je nach den Körperstellen von
verschiedener Form und Größe sind. Die einzelnen Muskeln besitzen
eine gewisse Unabhängigkeit von ihren Nachbarn und sind mit Hilfe des
Messers von ihnen trennbar, weil dünne Schichten eines lockeren Ge-
webes zwischen ihnen liegen. Blutgefäße und Nerven ziehen diesem oft
fetthaltigen Zwischengewebe entlang, um zu den Muskeln zu gelangen.
Sind diese umgebenden Teile mit dem Messer vorsichtig und von allen
Seiten entfernt, der Muskel, wie man sich ausdrückt, von seiner Umgebung
losprapariert, so stellt er in seinen einfachsten Formen ein langliches
spindelförmiges Organ dar, an dem man folgende Teile unterscheidet:
1) einen mittleren, roten Abschnitt, den sog. Muskelbauch (Venter),
der aus fleischigen Fasern besteht (Fig. 114 Nr.2). Er ist durch einen
Nervenstrang direkt mit dem Gehirn in Verbindung gesetzt.
2) die beiden verschmalerten Enden (Fig. 114 Nr. 1 u. 3), die weiß, atlas-
glänzend aus dem roten Muskelbauch hervorkommen, und als Sehnen
(Tendines) bezeichnet werden. Sie bestehen aus einem von dem roten
Fleisch gänzlich verschiedenen Material, dessen Gegensätze in Form und
Farbe und chemischer Zusammensetzung die denkbar größten sind. Das
Fleisch enthält Eiweiß, die Sehnen dagegen leimgebende Substanz. Ihre
Lebensaußerungen sind ebenso verschieden. Der Muskel zieht sich
zusammen, verkürzt sich, schwillt dadurch an, und wird dabei fest; die
Sehne wird nur gespannt, sie kann sich weder verlängern noch verkürzen;
sie ist einem Seil vergleichbar, an dem der Muskel zieht, wie das Pferd
an dem Strang. Die Sehne ist mit der Beinhaut und mit dem Knochen
so fest verwachsen, daß eher das Knochcnstiick an der Ansatzstelle los-
reißt, als daß die Sehne sich loslöst. Die Sehnen an den Enden des
Muskels heißen wegen ihrer Lage Endselinen (Tendines termmales), zur
Unterscheidung von Zwischensehnen (Tendines mtermediz), die an einigen
Muskeln in der Mitte angebracht sind.
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