Knochen
Stammes.
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ihm Platz finden (Figg. 52 und 66). Bei der Betrachtung des Lebenden
vermutet man die Kegelform nicht, weil die beiden Arme angefügt sind,
deren Schultergerüste und deren dazu gehörige Muskeln die wahre Ge-
stalt des Rippenkastens verdecken. Der geübte Blick findet jedoch bald
die wirkliche Form, besonders bei aufgehobenem Arm, heraus. In der
Achselhöhle verschwindet z. B. allmählich die seitliche Wölbung des
Brustkorbes (Fig. 67). Die beiden Gruben ober- und unterhalb des Schlüssel-
beins, die beim Manne sehr markiert sind, während die Fettlager der Frau
diese Vertiefungen bis auf eine schwache Andeutung ausfüllen und nur
bei der eintretenden Magerheit des hohen Alters wieder hervortreten
lassen, sind ebenfalls durch die kegelförmige Gestalt des Brustkorbes be-
dingt. An dem unteren Ende des Brustkorbes begrenzen die zum
Brustbein aufstrebenden Rippen einen Bogenausschnitt, der am Lebenden
leicht wiederzuünden ist und der als Rippenbo gen (Arcus costarum) be-
zeichnet wird (Figg. 66-68). Der Rippenbogen hat seinen Schluß an dem
Brustbeinende durch die Knorpel der siebenten bis zehnten Rippe. Die
elfte und zwölfte Rippe liegen zwischen den Bauchmuskeln; ihre Enden
werden nur dann sichtbar, wenn der Rumpf seitwärts geneigt wird.
Klassischb Bilder sind für den Rippenbogen Laokoon und der Fechter.
Was die übrige Gestalt des Brustkorbes betrifft, so muß man eine
vordere Fläche unterscheiden, eine hintere oder Rückenfläche,
und zwei Seitenflächen (Fig. 66). Die Seitenflächen sind gekrümmt
und zwar nach oben mehr als unten und endigen hinten an jener idealen
Linie, welche sämtliche Rippenwinkel miteinander verbinden würde (Fig.
52). Die hintere Wand ist durch die in der Brusthöhle vorspringen-
den Wirbelkörper stark eingebogen. Zu beiden Seiten derDornfortsätze
findet sich eine breite Rinne, welche durch das Ausbeugen der Rippen
nach hinten entsteht; die Grenze dieser Rinne ist die ebenerwähnte ideale
Linie; denn von ihr aus wenden sich die Rippen im Bogen nach vorwärts.
Die beiden Rinnen werden durch die langen Rückenmuskeln ausgefüllt,
und dadurch entsteht jene breite Fläche, die dem Menschen erlaubt, auf
dem Rücken zu liegen, was die Tiere nicht können, da sie keine Rücken-
fläche, sondern nur eine Rückenkante haben. Die "Rückenfiäche des
Menschen wird noch besonders dadurch vorteilhaft für das Liegen ge-
staltet, daß die Schulterblätter wie ein paar Schilder diese Fläche ver-
größern (Fig. 2). Der Brustkorb ist mannigfachen Veränderungen unter-
worfen. Die stark vorspringende gewölbte Brust ist ein nie fehlendes
Zeichen eines kraftvollen, gesunden Knochenbaues, während ein schmaler,
gerade abfallender oder gar geknickter Thorax ein physisches Merkmal
körperlicher Schwäche und angebornen Siechtums abgiebt. Eine gewölbte
Brust giebt der ganzen Gestalt des Menschen den Anstrich physischer
Vollkommenheit, um nicht zu sagen Erhabenheit, wie dies bei den Götter-
statuen der Alten sich beobachten läßt, wo die Höhe der Brust absichtlich