Volltext: Plastische Anatomie des menschlichen Körpers

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Vierter Abschnitt. 
Wirbelsäule ist eines ansehnlichen Wechsels fähig, wobei ihre Haltung den ganzen 
Rumpf beeinflußt. Ist die Lendenwirbelsäule stark gekrümmt, dann wird der Brust- 
korb zurückgelehnt und das untere Ende des Brustbeins vorstehend; ist die Lenden- 
Wirbelsäule wenig oder gar nicht gekrümmt, dann ist der Brustkorb mitsamt dem 
Brustbein vorgeneigt. Die Verschiedenheiten der Wirbelsäule kommen u. a. bei der 
Beurteilung der Modelle in Betracht.  Die Biegungsfähigkeit der Wirbelsäule, wie 
sie oben geschildert wurde, kann viel umfangreicher werden, als man nach der 
bloßen Kenntnis des Baues vermutet. Das zeigen die Schlangenkünstler, bei 
denen manche Bewegungen möglich sind, die gewöhnliche Menschen nicht ausführen 
können. Bei jener Produktion, die in der Sprache der Schlangenkünstler der "Bogen" 
heißt, wird der Hinterkopf an den Nacken gelegt, also eine starke Biegung innerhalb 
der Halswirbelsäule hergestellt, dann folgt eine starke Krümmung in der Gegend des 
zweiten Brustwirbels, wodurch der Oberkörper immer mehr rückwärts herabgelassen 
wird und schließlich berührt der Hinterkopf dicht unter dem Gesäß die Rückseite 
der Oberschenkel. Dabei wird der an den zweiten Brustwirbel anstoßende Lenden- 
teil der Wirbelsäule ebenfalls stark in Anspruch genommen, und das Becken wird 
vorgeschoben. Diese auffallenden Leistungen sind zu erreichen, lediglich durch 
Übung, sobald der Körper jugendlich genug ist, eine schlanke Figur hat, die Bänder 
nachgiebig und die Rippenknorpel biegsam sind. (Vmonow, H., Sitzungsberichte der 
Würzburger phys-med. Gesellschaft 1884 und Verhandlungen der Berliner anthropo- 
logischen Gesellschaft, Sitzung vom 27. Februar 1886). Über die Bewegungen der 
Wirbelsäule und ihren Bau: WEBER, E. H., anatomisch-physio1ogische Untersuchung 
über einige Einrichtungen im Mechanismus der menschlichen Wirbelsäule. Mncxsns 
Archiv 1827. MEYER, H., Statik und Mechanik des menschlichen Knochengerüstes. 
Mit 43 Figuren. Leipzig 1873. Vmcnow, H., Berliner klinische Wochenschrift 
12. Juli 1886. TURNER, W., Journal of Anatomy and Physiology Bd. XX 1886. 
CUNNINGI-IAM, D. J., ebenda Bd. XXIV 1889 und "Cunninghamllrlemoir Nr. 2, Royal 
Irish Academy. Die letzteren Werke über die Wirbelsäule der Affen und verschiedener 
Menschenrassen. 
Brustbein. 
Das Brustbein (Stemum, Fig. 66 B  ist ein langer Knochen, 
der sich vom Ende des Halses bis zur Magengrube erstreckt uud in der 
Mitte der vorderen Brustwand liegt. Die alten Anatomen verglichen ihn 
mit einem kurzen römischen Schlachtschwert, und daher rühren die 
Namen Griff, Klingeund Spitze oder Schwertfortsatz zur Bezeichnung 
seiner stets erkennbaren Abteilungen. 
 Der Griff (ßlanubrium sterni, Fig. 66 B) ist auf seiner Vorderfläche 
gewölbt, so daß die. Seitenränder tiefer liegen als die Mitte. Der obere 
Rand ist leicht halbmondförmig ausgeschnitten (Inciswa semilunaris) ; diese 
seichte Einkerbung wird am Lebenden, besonders beim Manne, zur tiefen 
Halsgrube durch die Schüsselbeine, welche sich zu beiden Seiten des 
oberen Randes durch Gelenke mit dem Brustbein verbinden (Fig. 66 X 8 
und F ig. 68). Die Stelle, wo der Griff in die Klinge (Figi 66 B') über- 
geht, ist durch eine Auftreibung der beiden aneinanderstoßenden Knochen- 
iiachen nicht nur am Skelet, sondern auch am Lebenden deutlich er- 
kennbar. Der Griff ist gleichzeitig in einem stumpfen Winkel an die
	        
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