Volltext: Klassischer Skulpturenschatz (Bd. 1)

ERLÄUTERUNGEN 
ZU 
l 
Grieclzzivcher jllezlvter. füllenislisrlze zrmm. 111. yahrß. 
w. Chr. 5mm: eine: Aüzzzziiziiendirlzierx. 
Der Dargestellte, angeblich Menander, geb. ca. 342 v. Chr. 
in Athen, gest. 291 v. Chr. im Peiraieus, der bedeutendste 
Dichter der neueren attischen Komödie, erscheint in der 
Stellung eines Zuhörers im Bühnenspiel bequem auf einem 
Lehnstuhl sitzend. Er ist in einen kurzärmeligen Chiton ge- 
kleidet und legt die eine Schriftrolle haltende Linke (ergänzt) 
auf die Stuhllehne, die Rechte in den Schoss. Die Statue 
wurde unter Sixtus V. mit ihrem Gegenstück, der bezeichneten 
Statue des Poseidippos, angeblich bei S. Lorenzo in Panisperna 
gefunden und von dem genannten Papst in dessen Villa 
Montalto, nachmals Negroni-Massimi, aufgestellt, gelangte 
später in den Besitz von Thomas Jenkins und durch Pius VI. 
in die päpstliche Sammlung. (Friederichs-Wolters, Bausteine 
N0. 1622. Helbig, Führer I. 199, Furtwängler, Meisterw. d. 
griech, Plastik p. 532 Anm. z). Galerie der Statuen im Vatikan. 
Pentelischer Marmor. 
Hutes sichtbar werden, ist leicht geneigt, der Blick zu Boden 
gerichtet. In der Rechten hält der Knabe das gesenkte, lange 
Schwert, die in die Hüfte gestemrnte Linke umfasst einen 
Schleuderstein. Die reichverzierte Bekleidung seiner Unter- 
beine ist den Lederstrümpfen der Campagnolen nachge- 
bildet, lässt aber die Zehen sandalenartig frei. Das ent- 
lastete linke Bein ist gestützt auf das abgeschlagene 
bärtige Haupt des Goliath, welches noch den fittichgekrönten 
Prachthelm trägt, dessen Visier auf der oberen sichtbaren 
Seite mit einem Puttentriumphzug (Triumph des Amor oder 
des jugendlichen Bacchus nach dem Motiv des Amor- und 
Psyche-Cameos im Besitz des Hauses Medici) geschmückt ist. 
Eines der von jeher höchstgefeiertsten Werke der Renaissance, 
entstanden in der mittleren Periode des Meisters vor dessen 
römischer Reise, mithin zwischen 1425-1432. (Vgl. W. Bode, 
Renaissance-Skulptur Toskanas. Donatello, S. 23, 24). Für 
Cosimo de' Medici d.  ausgeführt, befand sich die Statue 
in dessen Palast bis zur Vertreibung des Piero de' Medici 1495, 
worauf sie in den Palast der Florentiner Signoria verbracht 
wurde. Ietzt Museo Nazionale zu Florenz. Unterlebensgross. 
2 
Grzeelzzselzer Mezster aus dem Kreise des Polyklet. 
Ztueile Hälfte des V. Yabrlz. v. Clzr. Bronzestatue eines yzing- 
lings (sog. ldolino). 
Ein Jüngling mit sanft nach links geneigtem Kopf, der 
die streng ziselierte Haarbildtlng polykletischer Richtung und 
die hohlen, einst farbig eingelegten Augen der meisten antiken 
Bronze-Werke zeigt, hält die rechte Hand in der Gebärde 
eines Preisempfängers leicht nach vorn. Die schlanken, 
jugendlichen Formen wie die Ausführung deuten auf Polyklet, 
doch ist die direkte Beziehung aufihn selbst keineswegs gesichert. 
Sicher ist nur die Zugehörigkeit des Werkes zu dessen Rich- 
tung wie die hellenisch-argivische Arbeit aus der zweiten 
Hälfte des 5. Jahrh. v. Chr" wodurch das Werk bei der 
Seltenheit griechischer Originalbronzen aus der Blütezeit 
eine hervorragende Bedeutung gewinnt. (Furtwängler, Meister- 
werke S. 497). Die Statue wurde 1530 in Pesaro ausgegraben. 
[m archäologischen Museum zu Florenz. 
3 
Grzegkzsglzey [llezsler der zweiten Hälfte des V. Yalzrlz. 11. 
Chr. Altiseke Kunst. Grabrelief aus Salamis. 
Ein stehender Jüngling, nach links gewandt, ohne Unter- 
kleid, leicht in den Mantel gehüllt, hält in der herabhängen- 
den Linken einen Vogel und erhebt die Rechte. Daneben 
links steht, nach vorn gewandt, ein nackter Knabe (Sklave), 
an eine Stele gelehnt, auf welcher ein katzenartiges Tier 
liegt. Das untere Dritteil des oben mit einem Anthemienfries 
abschliessenden Reliefs fehlt. Der Sinn der Darstellung ist 
noch unenträtselt; die Beziehung auf eine Familienscene 
jedoch wahrscheinlicher als eine mythologische Deutung, 
hier wohl mit Andeutung der Tierliebhaberei des Verstorbenen. 
Zu den schönsten der erhaltenen Grabreliefs der besten Zeit 
gehörig und als das Werk eines der bedeutendsten Meister zu 
erachten. (Friederichs-Wolters, Bausteine N0. 1012, Arndt- 
Amelung, Einzelverkauf N0. 661 fg.) Aus Salaxnis. National- 
museum zu Athen. 
1,10 III hoch, 0,80 m breit. 
4 
Donatello (Donaio di Nzeeolö dz' Belto Barde). 
1386-1466. Florentinisrlze Selmle. Branzestatzze des David. 
Der knabenhafte Goliathsieger ist bis auf Hut und 
Gamaschen nackt dargestellt. Der von einem bekränzten 
schmalkrempigen Hirtenhut beschattete Kopf, umrahmt von 
langem Wellenhaar, in welchem die losen Bindbänder des 
5  
Michelangelo Buonarotlz". 1475_1;64. Flarentiniscäe 
Schule. [dealäürte de: Brutus. 
Der prächtig entwickelte, dem früheren Mannesalter ent- 
nommene unbärtige Kopf giebt einen klassischen Typus in 
einer seit der Antike verlorenen Kraft, Lebendigkeit und 
Charakterfülle. Das Gesicht ist scharf zur Seite gewandt, 
der Blick in gespannter Aufmerksamkeit nach einem horizontal 
gelegenen Ziele gerichtet, der Mund in strenger Entschlossen- 
heit zusammengepresst. Ohren und Haar sind lediglich 
skizziert, wie auch der Hals noch die derben Meisselzüge 
zeigt, die am Gesicht schon mehr verarbeitet sind. Mehr 
durchgeführt dagegen ist die Gewandung der Büste, der in 
ganz antiker Weise drapierte, auf der Schulter mit einer 
Cameo-Agraffe geschlossene Mantel, welcher von der Tunika 
nur den Halssaum sehen lässt. Die Büste ist um 1540 für 
den Kardinal Ridolii nach einer von Gianotti überlieferten 
Tradition unter Zugrundelegung eines antiken Cameo ge- 
arbeitet. Auf ihre Nichtvollendung bezieht sich das am 
Sockel angebrachte Distichon des A. M. Salvini; 
Dum Bruti effigiem sculptor de marmore ducit 
In mentem sceleris venit et abstinuit. 
1m Museo Nazionale zu Florenz. Überlebensgrosse 
Marmorbüste. 
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Claus Sluter. f 14041;. Niederländisrlz-burgundirrlze 5411,28 
Madonna mit den: Yesuskinde. 
Maria mit Tuch und Krone auf dem Haupte und in 
einen langen und weiten Mantel gehüllt, welcher von dem 
Kleide nur einen kleinen Teil sichtbar lässt, hält das bekleidete 
Kind auf dem linken Arme und in der gesenkten Rechten 
das (jetzt fehlende) Scepter. Auf dem kreisförmigen, unten 
polygonalen Sockel finden sich in ornamentaler Weise wieder- 
holt die Anfangsbuchstaben der Namen des Slifterpaares P 
(Philipp) und M (Margaretha). Mittelstück der Skulpturen vom 
Portal der Karthäuserkirche von Champmol bei Dijon, welche 
Philipp der Kühne als Begräbniskirche seiner Familie 1383 
durch den Architekten Drouhet de Daumurtin zu erbauen 
begonnen hatte. Da die Gebäude der Chartreuse infolge der 
französischen Revolution verkauft wurden, kam die Kirche zum 
Abbruch, so dass jetzt davon nur mehr ein Treppenturm und 
das Portal erhalten sind. Die Reste des Klosters wurden 
in eine Irrenanstalt verwandelt, zu deren neuer Kapelle 
das Portal jetzt den Eingang bildet. (Vgl. L. Courajod et 
R-Frantz Marcou, Cat. du Musee de Sculpture comparee. 
XIVe et XVß Siecles. Paris 1892, p. 67 fg.) 
Sandstein von Tonnerre. 2,67 m hoch. 
bßulpiurßnxvhatz I. Band 
	        
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