SEVILLA.
bevor ich mich zur Ruhe begebe, und ich ging nach meinem
Gemach wie ein gewöhnlicher Reisender, der seine Zimmer-
nummer sucht.
Nun kam der Morgen der Prozession, in der der Leib
Christi vor den Augen der Welt umhergetragen werden sollte.
Durch die sonnigen Strassen bewegte sich eine fröhliche
Menge, und wir kamen bald, durch den Strom geführt, nach
der Hauptkirche, von der die Prozession ausgehen sollte.
Lange Reihen Stühle standen auf dem Vorhof der Kirche,
und wir suchten uns Plätze. O, die Sonne; schnell in den
Schatten; aber da war alles besetzt; noch fühle ich, wie die
Sonne auf meinen Nacken brannte, aber wenn der Geist ge-
spannt ist, erträgt der Körper viel. Die abwechselungsreichen
Gruppen von Neugierigen fesselten uns schon, und wir sassen
da und warteten ab, was aus dem grossen, alten Thor der
Hauptkirche zum Vorschein kommen würde. Der breite Weg,
den man zwischen den Stühlen offen gelassen hatte, war mit wohl-
riechenden Zweigen belegt; ein herrlicher Duft stieg von ihnen auf.
Vor der Kirche stand ein ganzes Regiment Soldaten, zwei
und zwei, ohne Waffen und entblössten Hauptes, ebenso
der kommandierende Offizier; aber hinausragend über die
Menge, die hinter uns drängte, sassen auf hohen Rossen
prächtig gekleidete Reiter mit langen silbernen Trompeten.
Tausende von Menschen drängten sich um dieselben, aber
kein johlen oder Schreien wurde gehört, man flüsterte und
ging seiner Wege. Auf einmal wurde die Stille unterbrochen,
die Posaunen ertönten, und die grossen Thore der Kirche
öffneten sich langsam. Ruhig, mit würdevollen Schritten
marschierten die Soldaten über den wohlriechenden Weg, und
ihnen folgten einige Herren mit blossen Häuptern, in schwarzer
Kleidung die Stadtverordneten, wie man uns sagte der
Bürgermeister voran, kenntlich durch eine breite rote Schärpe,
die er über der Brust trug.