Volltext: Spanien

TOLEDO. 
Regenwolken, aber der Himmel war blau und die Strassen 
trocken. Mit meinem spanischen Stock bewaffnet ging ich 
zur Thür meiner Herberge hinaus und die Strasse entlang. 
Die Stille war herrlich und ich irrte neugierig durch krumme 
Gassen und längs hoher grauer Mauern, Die Häuser, aus 
der Maurenzeit stammend, enthalten kleine, arabische Woh- 
nungen mit Hachen Dächern. Es ist von aussen kaum zu 
sehen, dass sie inwendig bewohnt sind. Die Fenster befinden 
sich fast an der Erde und sind mit einem vorstehenden 
Gitterwerk versehen, welches die meist offen stehenden Rahmen 
gegen 
An 
das Eindringen von aussen schützt. 
einem dieser Fenster sah ich ein reizendes 
Schauspiel. 
Schon 
bevor 
"ich 
bemerkte, 
hörte 
ich 
das 
Schreien 
eines 
Kindes und das beschwichtigende Singen einer Frauenstimme 
und ein Ticken, welches den Gesang zu begleiten schien. 
Einige Schritte weiter konnte ich mir gemütlich das tableau 
vivant ansehen. Es war von dem grossen Gitterwerk um- 
rahmt, 
wodurch 
ein 
Kniestück 
wurde, 
dessen 
XVEIFUICD, 
dunklen Hintergrund die Tiefe des Zimmers bildete. Dicht 
am Fenster stand, gegen die Seitenwand gelehnt, eine junge Frau 
mit schön frisiertem, schwarzem Haar, in dem, wie sich das 
hier gehört, eine rote Rose prangte. lVIit ihrem gelben, ge- 
blümten Tuch, das über der Brust gekreuzt war, und in ihrem 
schlichten grauen Rock sah sie einfach und doch hübsch und 
malerisch aus. Sie trug auf ihrem Arm ein schwaches kleines Kind, 
das sein blasses Gesicht an ihre Schulter lehnte und leise 
schluchzte 
und 
weinte. 
Sie 
versuchte 
trösten, 
indem 
sie mit einem grossen Fächer im Takte des Gesanges gegen 
das eiserne Gitter schlug. Es war eine Musik und ein Schau- 
spiel, welches mein Ohr ebenso wie mein Auge reizte; das 
ruhige tonige Licht, das es umgab, das Klagende und 
Summende der Töne, die Haltung und Linien der Figuren, 
alles hatte etwas anheimelnd Rührendes. Da hörte ich schwere
	        
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