ESCORIAL.
der seltsamsten Reliquien von Heiligen, Aposteln, Päpsten
und Priestern hatte er hier zusammengebracht; sie waren in
kostbaren goldenen und silbernen Kassetten, einige mit Edel-
steinen, andere mit prächtigen Figuren verziert. Hierhin kam
er oft, um sich seinen hnstern Träumen hinzugeben und die
Gebete für das Heil der Seelen zu sprechen. ßGott hat es
zugelassenß sagte der Priester, wes ist geplündert und ent-
heiligtß
Einige Schritte weiter befand sich eine dunkle Steintreppe,
die nach unten führte; es hatte den Anschein, als müssten
wir in eine unterirdische Welt. wWenn die Seiiores mir
folgen wollen, a sagte der Führer, whier unten kann ich Ihnen
die Gräber der königlichen Familie zeigenß Er rasselte
schon mit den Schlüsseln, und die eisernen Riegel knarrten.
Wir sahen uns an, fanden, dass wir schon genug Trauriges
und Finsteres aus diesem Schloss mitnahmen, und nun uns
noch die Liste all der Grösse, die hier im Staube liegt, vor-
lesen zu lassen, war uns denn doch zu viel. YVir stiegen
schnell nach oben und gingen durch eine Säulengalerie zurück,
die mit rohen Fresken, Scenen aus dem Leben der heiligen Diener
der Kirche darstellend, bemalt war. Wieder gingen wir über die
jgrossen, grauen Steine, mit denen die Terrasse vor dem
Gebäude belegt war, und kamen auf den Weg, auf dem Toten-
stille herrschte. Nur von ferne hörten wir den Gesang der
Seminaristen, die in dem Gebäude versammelt waren. Er
klang wie Grabgesang über die rauhe Umgebung.
Ermüdet und bestaubt kamen wir nach Madrid zurück und
hatten zu unserem Verdruss am nächsten Tage nichts als
hoffnungslosen Regen, und am folgenden Tage war Madrid
kühl und nass. S0 entschlossen wir uns denn, langsam nach
Süden zu ziehen und zwar zuerst nach Toledo.